Erfurt-City. Männer machen sich bereit. Legen Gurte an, Seilklemmen und unzählige Karabiner. Zum Schluss noch den obligatorischen Helm. Ziel ist nicht der sagenumwobene 8000 Meter hohe K 2 im Gebirgsmassiv Baltoro Muztagh im Grenzgebiet zwischen Pakistan und China. Drei Nullen weniger. Ziel ist der 8 Meter hohe Busbahnhof der EVAG. Mission: Fassadenreinigung.
Drei Wochen Zeit. Die Stahlkonstruktion ist nicht mit herkömmlicher Technik, wie einer Hebebühne zu erreichen. Da müssen höhentaugliche Spezialisten ran. 8 Meter und so ein Aufwand? Gerade deshalb. Zum Warum dann später. Der „Chef-Kletterer“ ist nicht von einer radioaktiven Spinne gebissen worden, er hat sogar eine Spinnenphobie, mag lieber Bergziegen. Eingeweihte Marvel-Fans wissen worauf ich hinaus wollte… Nein, der 38jährige Marco Vogler ist nicht Spiderman. Er ist Chef vom Erfurter Unternehmen Höhenfaktor. Wie der Firmenname schon verrät, es geht um Höhe. Die Höhe ist der Arbeitsplatz. Das können auch schon mal 150 Meter sein. Mitarbeiter des Unternehmens verrichten Arbeiten, da, wo sonst keiner so leicht hinkommt oder sich keiner hin traut.

Der Erfurter Busbahnhof ist jetzt nicht gerade das höchste Gebäude in Erfurt. Schutzausrüstung ist aber besonders hier wichtig. „Gerade bei kleineren Gebäuden, wie beim Busbahnhof, passieren die meisten Unfälle. Ein Sturz aus 4 Meter Höhe kann ebenso böse enden, wie aus 100 Metern.“ gibt Marco Vogler zu bedenken. Als gelernter Krankenpfleger kennt er die Auswirkungen von Stürzen.
Über 1500 Menschen nutzen den Bahnhof. Da bleiben neugierige Blicke nicht aus, wenn „Bergsteiger“ an der Fassade klettern. Das dies kein neues Erfurter Freizeitvergnügen ist, wird spätestens dann deutlich, wenn die Kletterer Tücher rausholen und anfangen zu putzen.
Apropos Freizeitvergnügen, so hat es bei Marco Vogler angefangen. Als Jugendlicher begann er zu klettern. Es wurde ein leidenschaftliches Hobby, bis die ersten Anfragen aus der Industrie kamen. Vor fast 10 Jahren wurde deshalb „Höhenfaktor“ gegründet. Seit einem Jahr ist es eine GmbH. Das Hobby wurde zum Beruf – mit einem tränenden und einem lachenden Auge. Zeit für die Berge gibt es kaum noch. Gebäude sind es nun, die bestiegen werden. Das Klettern ist geblieben und damit der Spaß.