Als die Motorisierung des Landverkehrs um 1900 begann, war noch gar nicht klar, welche Antriebsart das Rennen machen würde. Vor allem wetteiferten die Verbrennungsmaschine, der Elektromotor und die Dampfmaschine um die Gunst der Betreiber. Der damalige Stand der Technik machte den Ausgang gar nicht so offensichtlich: Der Elektromotor war durch die Reichweite und das Gewicht der Batterien problematisch, aber im Aufbau einigermaßen erprobt und robust. Als Verbrennungsmaschine stand zunächst nur der Ottomotor zur Verfügung, zwar relativ leicht, aber noch nicht ausreichend standfest, in der Wahl des Kraftstoffes noch nicht festgelegt(neben dem Vergaserkraftstoff mit niedriger Oktanzahl vor allem Gas, Benzol und Alkohol) und mit dem Nachteil des zu geringen Drehmoments in niedrigen Drehzahlen sowie der Unmöglichkeit, ihn unter Last anlaufen zu lassen. Der Dieselmotor als Selbstzünder war bei dem damaligen Entwicklungsstand noch zu schwer und allenfalls als ortsfeste Anlage verwendbar.

Und so erzielte der Dampfantrieb einige Achtungserfolge. Schon bekannt als Schiffsantrieb und bei der Eisenbahn, begann die Entwicklung eigentlich schon um 1880, nicht nur als Zugmaschine für Anhängefahrzeuge und Schaustellerwagen, sondern auch in der Landwirtschaft als selbstfahrende Dampfpflüge. Die Nachteile des Dampfantriebes waren auch ersichtlich, er war schwer und in der Frage der Betriebsbereitschaft und im Betreuungsaufwand problematisch. Dafür war er mit billigem Brennstoff zu betreiben, was ihm z. B. in Großbritannien zu viel mehr Bedeutung als in Deutschland verhalf. Am Vorabend des 1. Weltkrieges wendete sich das Interesse der Militärs der Verbrennungsmaschine zu, auch weil Rauch aus den Dampffahrzeugen die Tarnung erschwerte. Die Entwicklung der Verbrennungsmaschinen nahm wie bekannt seinen Lauf und der große Entwicklungssprung war der Einsatz von Dieselmotoren in schweren Nutzfahrzeugen und Omnibussen ab Anfang der 30er-Jahre. Aber auch der erste moderne Obus ging in Betrieb und umging das Reichweitenproblem der Batteriefahrzeuge, von denen nicht nur die Post seit Mitte der 20er-Jahre im Paketdienst eine beachtliche Anzahl besaß.

In dieser Zeit des Umschwungs zum Dieselmotor erschien auch der Dampfantrieb wieder auf der Bildfläche. Die Gebrüder Doble hatten in den USA mehrere bahnbrechende Erfindungen gemacht, und nachdem die Firmen Borsig und Henschel Patente gekauft hatten, entstanden neben einigen Dampftriebwagen für die Eisenbahn auch eine ganze Reihe von schweren LKW, unter anderem für die Reichsbahn, aber z. B. auch für eine Mühlhäuser Brauerei.

Und mit dieser Technik stattete Henschel 1933 und 1936 je einen Omnibus aus. Den 1936 für die Bremer Vorortbahnen gebauten Dampfomnibus zeigt das Bild, er zeigt durchaus moderne Baumerkmale bis hin zu Schiebetüren und einem Einstieg vor der Vorderachse – damals ein Novum, für den Einmannbetrieb aber unverzichtbar. Diese Entwicklung erzeugte zu der Zeit großes Aufsehen in der Fachwelt. Den Antrieb darf man sich bei diesem Fahrzeug nicht wie die Zylinder einer Dampflok vorstellen, vielmehr erinnert er an einen Verbrennungsmotor mit mehreren Zylindern und einem ausgeklügelten Massenausgleich.

Die Entwicklung brach 1937 ab, weil das verwendete Brennmaterial, Braunkohlenteeröl, in der chemischen Industrie weiter aufgespalten werden konnte und deshalb im Preis stieg, was seine Verwendung im Verhältnis zum Diesel unattraktiv machte. Die Dampffahrzeuge blieben noch bis in den 2. Weltkrieg hinein im Betrieb, dann verlieren sich aber ihre Spuren. Damit ist das Kapitel aber noch nicht beendet, während des 2. Weltkrieges wurde die Entwicklung wieder aufgenommen, nunmehr mit Verwendung heimischer Brennstoffe. Aber das ist eine andere Geschichte, für den Omnibusbereich endete die Entwicklung.

Text: Michael Nitschke, Betriebsleiter der EVAG

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