Die Inuit haben eine Technik erfunden, die es erlaubt, ein gekentertes Kajak wieder aufzurichten, ohne aussteigen (!) zu müssen. Wie geht das denn? Ich habe es ausprobiert.

Um das zu erfahren,  passte es gut, dass die Schwimmhalle Johannesplatz einen „Tag der offenen Tür“ veranstaltete. Kanusportler vom SV Concordia Erfurt e.V. waren vor Ort. Sie lernen genau diese Technik – die auch Eskimorolle oder Kenterrolle genannt wird – hier in der Schwimmhalle Johannesplatz.

Also Badehose und ein wenig Mut einpacken. Kurz noch ein Youtube-Video anschauen… oh, sieht einfach aus, aber das Video klärte schnell auf: Nix ist einfach.

Als Kind war ich in der SG Flossenschwimmen, hilft das? Wie lange kann ich Luft anhalten? Komme ich aus dem Boot heraus, wenn es nicht klappt? Fragen, die mir durch den Kopf schwirren. Naja, was soll es? Ich will es wissen, zumindest probieren.

Angekommen. Die Schwimmhalle ist voll. Klar. Tag der offenen Tür. Also sehen mich viele Menschen. Das Beruhigende: Unter den Menschen sind viele Rettungsschwimmer. Im Kinderbecken sehe ich schon das Kanu – oder ist es ein Kajak? Ich bin kein Profi, wird mir wieder bewusst. Die Menschen am Kajak outen sich als Kanusportler. Ich äußerte meinen Wunsch. Warum sagte ich nur tiefes Wasser? Übermut? Normalerweise wird die Kenterrolle zuerst im flachen Wasser geübt. Aber ich will den Crashkurs. Crash im wahrsten Sinn des Wortes. Habe ja nur 20 Minuten. Also ab ins tiefe Wasser.

Kurze Vorführung vom Profi. Hui, sieht einfach aus. Aber ich hatte ja das Video gesehen. Täuschen lasse ich mich nicht. Das wird schwer. Eine sehr kurze Anleitung und schon kippten die Kanusportler mein Kajak um und ich war unter Wasser. Was sagten sie noch einmal zu mir, wie geht das? Ich hatte alles vergessen. Paddelte wild unter Wasser, bewegte meine Hüfte nicht. Wie lange kann ich die Luft anhalten? Aber schon drehte sich mein Kajak. Im Gegensatz zum Profi nicht wegen mir, sondern weil die Kanusportler geholfen haben. Luft! Überlebt! Kaum Zeit, darüber nachzudenken, schon wieder kippte mein Kajak. Sinnloses Paddeln. Das Kajak füllte sich mit Wasser… Notausstieg. War wohl nix. Eins habe ich gelernt: In so kurzer Zeit werde ich die Kenterrolle wohl nicht lernen.

In der Theorie weiß ich aber schon einiges. Alles hat mit Isaac Newton zu tun. Sein drittes Axiom – wer kennt es nicht – „actio est reactio“ muss nur richtig angewandt werden. Kopfunter befindet sich ein Paddler dummerweise in einer sehr stabilen Position. Das Kajak bleibt also in dieser Stellung. Will der Paddler nach oben, entsteht ein sogenanntes Drehmoment, das den Paddler wieder nach unten zieht. Die Lösung, die ich nicht fand: Der Paddler muss ein Drehmoment erzeugen, das entgegengesetzt gerichtet ist und größer als jenes, das ihn wieder nach unten zieht.

Schlüssel zur Überwindung des Drehmomentes ist ein Abkippen der Hüfte in Richtung Schulter derselben Körperseite: der Hüftknick. Ungewohnt – und das unter Wasser. Ohne geht es aber nicht. Der Hüftschwung mit einer unterstützenden Paddelbewegung dreht das Boot wieder auf die schwimmtaugliche Seite, ohne dass man aussteigen muss. Menschen mit einem Hüftschwung wie Shakira sind hier klar im Vorteil. Mein Hüftschwung war noch nicht soweit…

In der ganzen Aufregung hatte ich das restliche Programm vom Tag der offenen Tür verpasst. Zum Glück hat Fotografin Karina Heßland alles festgehalten, nicht nur meinen gescheiterten Versuch der Kenterrolle.

Geboten wurden zum Tag der offenen Tür unter anderem Technikführungen, bei denen 65 Neugierige teilnahmen, Wasserspielzeuge oder auch ein Blick in die Sauna. Hier kamen noch mehr Interessierte – 80 Saunafans. Insgesamt nutzen knapp 600 Besucher den Tag der offenen Tür in der Schwimmhalle Johannesplatz.

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Fotos: Karina Heßland