6 Grad Celsius, Nieselregen – absolutes Sauwetter. Keinen Hund würde man jetzt vor die Tür jagen. Die Gleisbauer in der Magdeburger Allee arbeiten trotzdem. Grund sind die Weichenanlagen. Die sind schon weit über 25 Jahre alt und müssen dringend ausgetauscht werden.

Ein Ärgernis für Autofahrer, denn die Magdeburger Allee ist gesperrt. In den Erfurter Norden kommt man momentan nur über Umwege. „Geht aber nicht anders“, sagt Olaf Dietrich. Er ist der zuständige Bauleiter von der Gruppe Infrastruktur bei der EVAG.

Am kommenden Wochenende wird auch gearbeitet. Ab Freitag, 21 Uhr, gibt es zwischen Lutherkirche/SWE und Anger Schienenersatzverkehr auf den Stadtbahn-Linien 1 und 5 in Richtung Anger. Dann fahren Busse, aber keine Straßenbahnen. Bis Montag müssen die Weichen in Richtung Innenstadt verlegt und an die Schienen angeschlossen sein. Denn ab Montag früh, 2 Uhr, rollen die Bahnen wieder. Das heißt, die Kollegen von der Arbeitsgemeinschaft Erfurter Gleisbau GmbH und der Reisse-Bau GmbH haben einen straffen Zeitplan.

Bei den Anwohnern stößt das nicht unbedingt auf Verständnis. Das weiß auch Olaf Dietrich. Denn es wird auch nachts gearbeitet. Dafür braucht man Nacht- und Sonntagsarbeitsgenehmigungen vom Umweltamt. Per Handzettel in die Briefkästen und Aushänge wird darüber frühzeitig informiert. Dennoch gibt es immer mal Ärger. „Auf unserer letzten Baustelle wurde sogar mit Tomaten geworfen, dabei machen die Jungs auch nur ihren Job“, sagt Olaf Dietrich, der seit 2008 bei der EVAG arbeitet. Von Haus aus ist er Bauingenieur.

„Würden wir die Arbeiten nicht aufs Wochenende legen, müssten wir den Straßenbahnverkehr über die Woche aussetzen und das wäre schlecht für alle, die zur Arbeit, zum Arzt oder zum Kindergarten wollen“, sagt er. Dennoch kann er verstehen, dass die Anwohner und die Autofahrer, die Umwege in Kauf nehmen müssen, nicht begeistert sind. „Wir haben aber keine andere Wahl. Oberstes Ziel ist immer, die Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten, das gelingt uns leider nicht immer“, sagt er. Aus diesem Grund wurden die beiden Sperrwochenenden auch auf die Herbstferien gelegt. In der nächsten Woche steht also noch eine Sperrung an. Dann arbeiten die Kollegen wieder von Freitag- bis Sonntagnacht durch, alles dafür, damit der Verkehr schnellstmöglich wieder rollt.

Regelmäßig ist er auf der Baustelle und stimmt sich mit den Kollegen vor Ort ab. Eigentlich sollte die Baustelle schon am 28. Oktober beendet sein. Aufgrund von Lieferschwierigkeiten wird es jetzt aber ein paar Tage länger dauern. Bis dahin  wird fleißig gearbeitet – bei jedem Wetter. Denn mit dem reinen Weichen-Austauschen ist es nicht getan.

_dsf2224
Klaus Lauße, Bauleiter der Arbeitsgemeinschaft Erfurter Gleisbau GmbH, mit Frank Lauße.

Viele Vorbereitungsarbeiten stehen an. Die Rasenflächen zwischen den Gleisen wurden ausgebaggert. Von der Oberkante der Gleise ausgehend werden 60 cm ausgehoben, der Unterbau wird kontrolliert, ob er noch tragfähig ist und gegebenenfalls erneuert. Und auch die Weichenentwässerung wird neu und wieder an die Abwasserleitungen angeschlossen.

_dsf2207
Norman Seifert und Thomas Zacher von der Reisse GmbH bei der Absicherung der Baugrube für die Weichenentwässerung.

Wozu eine Entwässerung? Olaf Dietrich lacht. Die Weichen werden regelmäßig von Bremssand, Staub, Schmutz und Blättern gereinigt, und zwar mit Wasser. Und das muss irgendwo hin, ebenso wie das Regenwasser.

Die neuen Weichen – insgesamt sind es vier – wurden bei VoestAlpine in Gotha bestellt. Sie sind  ziemlich robust, da sie stärker beansprucht werden als die Schienen, und bestehen aus hochlegiertem Spezialstahl. Weniger Kohlenstoff als in „normalem Stahl“ macht sie härter und zugfester. Nach der Verlegung werden sie gerichtet und an die Schienen angeschlossen, so dass es eine schöne Gerade ergibt, erklärt Olaf Dietrich. Denn sie müssen mit den Schienen harmonieren.

Fotos: Ivo Dierbach