Dinos, Drachen und Erdmännchen sind seine Welt. Schon als Kind erfand Ingo Siegner, der Schöpfer des „Kleinen Drachen Kokosnuss“, Geschichten. Am 13. Juni 2021 kommt er zu den Erfurter Kinderbuchtagen nach Erfurt.
An seine erste Figur, die er auf Abenteuer schickte, kann sich Ingo Siegner nicht mehr erinnern. Wohl aber, wie alles anfing. Denn Geschichten hat er schon immer gern erzählt, mit verstellter Stimme und viel Fantasie. Die waren so gut, dass seine kleinen Geschwister davon nicht genug kriegen konnten. Und trotzdem lernte der Hannoveraner erst mal einen soliden Beruf: Sparkassenkaufmann. Doch die Geschichten ließen ihn nicht los, gönnten ihm vielleicht eine kleine Pause, als er Geschichte und Französisch studierte. Spätestens, als er als Kinderbetreuer bei einem Reiseveranstalter arbeitete, war es jedoch vorbei mit der Ruhe. Mit Macht wollten sie wieder ans Tageslicht. „Basteln war nicht so mein Ding, aber ich konnte halt gut Quatsch mit den Kindern machen und draußen rumrennen, schön Geschichten erzählen“, erinnert er sich.

Damals entstand Wolle, der Wolkenschieber, der heute vermutlich noch in irgendeiner seiner Schubladen liegt. „Das war in den Alpen und die Kinder hatten genug vom Vorlesen, wollten lieber mit uns eine eigene Geschichte erfinden“, erinnert er sich. Von da an ließ es ihn nicht mehr los. Er schrieb und schrieb, wie andere Bonbons essen, illustrierte die Abenteuer liebevoll und stapelte sie in seinen Schubladen.
Dass schließlich ein Verlag auf ihn aufmerksam wurde, war Zufall. Ingo hatte mal wieder eine hübsche kleine Geschichte verschenkt, zum Geburtstag an den Nachbarsjungen. Die landete über Umwege bei einem Literaturagenten… Das war der Anfang vom kleinen Drachen Kokosnuss.

In den Neunzigern waren Dinos ganz groß in Mode, erinnert sich der 56-Jährige. Erdmännchen Gustav, Stachelschwein Matilda, die Rattenkinder Eliot und Isabella und all die anderen liebenswerten Figuren, die Ingo Siegner im Laufe der Zeit erfunden hat, folgten. Trotzdem hatte der junge Mann noch Zweifel und meinte zum Agenten: „Das ist doch alles nicht gut genug. Vielleicht kann ich ja irgendwann mal ein Kinderbuch schreiben.“ Worauf der Literaturagent nur weise lächelte und sagte: „Nein, nein, Sie sind schon so weit.“ Es klingt wie in einem Märchen. Dennoch musste sich auch Ingo Siegner disziplinieren, er verschenkte seinen Fernseher, widmete sich dem Schreiben und hängte schließlich seinen Job im Reisebüro an den Nagel.
„Anfangs wollte ich nur schreiben und zeichnen. Als ich dann aber gesehen habe, wie viel Spaß die Kinder an den Lesungen hatten, wie vertrauensvoll sie auf mich zukamen, konnte ich nicht mehr davon lassen“, berichtet er. Das war vor 20 Jahren. Heute gehört Ingo Siegner zu den Autoren, die – normalerweise – jedes Jahr viele Kindergärten, Schulen und Buchhandlungen besuchen, denn Lesen ist wichtig, findet er und unterstützt deshalb auch die Stiftung Lesen.
Die Nachmittage mit ihm sind eine Schau. Denn Ingo Siegner liest nicht nur und schlüpft in die Rollen, er zeichnet auch, zeigt, wie Kokosnuss und Oskar entstanden sind – am Schreibtisch mit Tischkamera oder am Flipchart, sodass die Figuren direkt vor den Augen der Kinder entstehen. „Ich benutze sehr gern Klischees und bürste die dann gegen den Strich, das macht Spaß“, erzählt der Autor, der sich der Geschichte nicht vom Bild, sondern vom Text her nähert. „Ich bin da so wie ein Koch, denke mir Zutaten aus und bringe sie zusammen“, sagt er. Erst, wenn die Geschichte steht, der Text fertig ist, setzt er sich an den Zeichentisch und fängt an zu illustrieren.

Die Ideen kommen ihm beim Spazierengehen, am Maschsee in Hannover oder auch im Zoo. Oder bei der Rückenschule… „Ich hab da so meine Probleme beim Einbeinstand, was am Ende zu einer Geschichte über einen Storch führte“, verrät er.
Wenn er am 13. Juni nach Erfurt zu den Stadtwerken Erfurt kommt – die Stadt ist ihm übrigens schon aus Kindheitstagen gut bekannt, hier wohnten seine Großeltern, für die er mehrmals im Jahr die deutsch-deutsche Grenze überquerte – hat er sein neues Buch im Gepäck. Darin geht es um eine Drachenprüfung, für die Kokosnuss eigentlich noch viel zu klein ist…
Mehr zum Programm der Erfurter Kinderbuchtage 2021 gibt es hier.
TEXT: ANKE ROEDER-ECKERT
FOTOS: EBERHARD WYDMUCH, JOHANN GEILS
ZEICHNUNGEN: INGO SIEGNER