Bauarbeiten hat kaum jemand so richtig gerne – vor allem, wenn’s die Straßen der Landeshauptstadt betrifft und man (oder Frau) im Stau steht oder Umwege gefahren werden müssen. Und so freuen sich die Verkehrsteilnehmer besonders dann, wenn sie merken, dass es auf den Baustellen zügig vorangeht…
Genau das tut’s zurzeit im Erfurter Südwesten, genauer in der Löbervorstadt auf der Schillerstraße. Dort dampft es immer wieder gewaltig, Verdichter rattern lautstark, der Geruch von heißem Asphalt liegt in der Luft. Doch hier baut nicht die Landeshauptstadt selber, sondern die EVAG.
Michael Nitschke ist Betriebsleiter des Unternehmens und er weiß genau, was da vor sich geht: „Wir erneuern vom 20. Juni bis zum 27. Juli die Straßenoberflächen zwischen und neben den Schienen.“ Hier rollt normalerweise die Stadtbahnlinie 6 entlang, zurzeit allerdings ist es der „Schienenersatzverkehr“ (also Busse), der im Einsatz ist. Nitschke: „Das hängt alles mit der Baumaßnahme Marktstraße zusammen, und da bot es sich an die Oberfläche, die in den vergangenen Jahren arg gelitten hatte, zu erneuern.“
Schienen verschleißen je nach Belastung zwischen 22 bis 40 Jahren und müssen dann erneuert werden (die älteste Schiene Erfurts liegt übrigens in der Eilingstraße und die ist von 1960). Auch der Asphalt (eine Mischung aus Bitumen und sogenannten Zuschlagsstoffen wie zum Beispiel Gesteinskörnungen) zwischen und neben den Schienen leidet – unter der mechanischen Belastung, unter Frost, unter Streusalz, unter Temperaturschwankungen. „Asphalt hält bis zu 15 Jahre, je nach Belastung, dann muss er ausgewechselt werden“, sagt Nitschke. „In der Schillerstraße hat er unter recht hoher Belastung bereits 20 Jahre gehalten, es wurde also langsam Zeit.“
Und warum nimmt man nicht lieber Beton, ist der nicht härter? „Beton ist nicht nur lauter als Asphalt, er ist auch empfindlicher gegenüber Brüchen“, sagt Nitschke. Und so wird zurzeit auf der Schillerstraße zwischen Puschkinstraße und Steigerstraße nach dem Abfräsen der alten Decke die aus Erdöl gewonnene, rabenschwarze schmelzbare Masse auf eine Schicht aus Bindemittel gegossen.
Aber die EVAG saniert nicht die Straße in voller Breite. Nitschke: „Wir sind zuständig für die Fläche zwischen den Schienen, knapp ein Meter, zwischen den Gleisen und für einen knapp 60 Zentimeter breiten Streifen links und rechts der Gleise.“ Rund 200.000 Euro kostet die Sanierung.
Eigentlich reicht die Baustelle von der Steigerstraße bis zur Heinrich-Mann-Straße, doch um die Belastung für die Autofahrer gering zu halten, wird in zwei zeitlich versetzten Bau-Abschnitten gearbeitet. Heute, am 2. Juli, beginnt der zweite Bauabschnitt: Bis voraussichtlich 13. Juli ist die Schillerstraße zwischen Heinrich-Mann-Straße und Puschkinstraße für den gesamten Verkehr gesperrt (Umleitung ist ausgeschildert).
Übrigens: Die Nutzung von Bitumen beginnt bereits in der Antike. Bitumenreste als Fragmente von Dichtmaterial, die mehr als 3000 Jahre älter sind als die in Ra’s al-Jins im Oman (2400–2300 v. Chr.) gefundenen, haben Archäologen in as-Sabiyah (Kuwait) entdeckt. Und Asphalt? Im 7. Jahrhundert v. Chr. kam Asphalt im assyrischen und babylonischen Reich bereits im Straßenbau zum Einsatz. Er diente dort als Fugenmaterial oder als Mörtelbett von Prachtstraßen (Quelle: Wikipedia).
Fakten zur EVAG:
551 Mitarbeiter, 52,360 Mio. „Linienbeförderungsfälle“ pro Jahr, ca. 150.000 Fahrgäste pro Werktag. Sechs Stadtbahnlinien auf 103 Kilometer Gleis, 25 Buslinien, eine Schulbuslinie. 6,875 Mio. Fahrplankilometer gesamt, Stadtbahn 3,6 Mio. Kilometer, Bus 3,2 Mio. Kilometer.
79 Stadtbahnen, vier historische Triebwagen, zwei historische Beiwagen. 38 Standardlinienbusse, 21 Gelenkbusse. 194 Straßenbahnhaltestellen, 590 Bushaltestellen.