So ein Leben mit Hund ist schon aufschlussreich. Chilli ist jetzt sechs Monate alt und erst langsam kommen wir dahinter, was sie mag und was weniger. Schließlich kann der Hund ja nicht sprechen… und zu viele Informationen auf einmal können wir ja auch gar nicht aufnehmen und verarbeiten. Da ist es schon besser, wenn sie uns ihre Hinweise in kleinen, wohl dosierten Häppchen serviert.
Seit drei Monaten wohnt die süße Hundedame bei uns. Und jeden Tag lernen wir sie ein wenig besser kennen. Nachos mag sie gar nicht, Pom-Bären hingegen schon. So sehr, dass sie sie – wie jeder andere gebildete Europäer – in ihrem Körbchen verzehrt. Stark ausgeprägt ist auch das Stilempfinden der Labrador-Mix-Lady. Graue Sofakissen und eine weinrote Ledercouch? Das geht gar nicht. Muss ich erwähnen, dass sie den Weihnachtsbaum neu dekoriert hat? Dass die Zeichnungen unserer Kinder am Kühlschrank handverlesen wurden? Seltsamerweise fand nicht jede den Weg in den Chilli’schen Reißwolf.
Sie ist auch sehr für Ordnung. Lassen wir irgendetwas auf dem Esstisch liegen – was ja wirklich nicht schön aussieht – räumt sie es weg. Entweder in ihr Körbchen oder so gut, dass wir es nicht wiederfinden. Auch Kochbücher stoßen bei ihr nicht unbedingt auf Gegenliebe. Vor allem Muffinsrezepte mit Schokolade – die für Hunde ja bekanntlich schädlich ist – sind ihr ein Dorn im Auge. In Anbetracht dessen, dass wir über keinen Reißwolf verfügen, hat sie die Arbeit gleich selbst erledigt und die Bücher fein säuberlich zerkleinert – der Datenschutz hätte seine Freude daran.

Jazz sollte man verbieten, zumindest norwegischen, findet unser kleiner Schatz. So zumindest habe ich ihre letzte Botschaft verstanden. Mit schlafwandlerischer Sicherheit zog sie meine heiß geliebten Rigmor Gustafsson-CD’s aus dem Regal, zerstörte nicht nur die CD-Hülle, sondern auch die matt schimmernden Scheiben, damit die grauenhafte Musik meine Gehörgänge auch ja nicht mehr peinigen kann. Ich gebe zu, kurzzeitig brachte mich das zum Zähneknirschen. Auch an Viktoria Tolstoy hatte sie sich zu schaffen gemacht, aber nachlässig gearbeitet und nur das Cover erwischt. Dank meiner individuellen Ablagetechnik befand sich lediglich Barockmusik in der Hülle.
Und auch mit „Aldimenz“ hatte sie kein Erbarmen. Diesen zwei musikalischen Jungs war ich wirklich sehr verbunden. Im Marstall des Sondershäuser Schlosses durfte ich ihnen einst dienstlich lauschen. Ich war so begeistert, dass ich nicht nur einen glühenden TA-Beitrag verfasste, sondern sogar sofort die neueste Scheibe der Dresdener Musiker erwarb. Das war 2008. Seitdem hütete ich die CD wie meinen Augapfel. Ja, ich weiß, das ist Äonen her und der Musikmarkt stark im Wandel….
Wenn ich es mir recht überlege… vielleicht war es ja gar keine blinde Zerstörungswut unserer lieben Chilli, sondern vielmehr reines Kalkül, quasi ein dezenter Hinweis, mich doch endlich auf die digitale Welt einzulassen und die Musik – wie jeder andere vernünftige moderne Mensch – über das unvermeidliche Smartphone zu hören. Was nicht nur den angenehmen Nebeneffekt hat, dass man die Songs jederzeit mit sich führt. Man ist per Kopfhörer quasi in der Lage, die reale Welt in jeder Situation einfach auszublenden und die sozialen Kontakte auf ein erträgliches Minimum zu reduzieren. Danke Chilli. Die Botschaft ist angekommen!