Bei den Erfurter Verkehrsbetrieben und auch überall sonst läuft nichts ohne einen funktionierenden Kern. Als Schülerpraktikant hatte ich sogar die Möglichkeit,  auch in das Herz der EVAG reinzuschauen: die Verkehrsleitstelle am Urbicher Kreuz. 

Wenn man reingeht, sieht man erstmal nichts Besonderes. Sie besteht aus einem großen Raum mit drei Arbeitsplätzen. Aber jetzt kommt es! Dort stehen unglaubliche 15(!) Monitore. Zwei Plätze sind mit sechs Monitoren ausgestattet, der dritte hat immerhin noch drei. Das Team besteht aus acht Disponenten, plus Alexander Pix, der in diesem Bereich das Sagen hat. Normalerweise sind immer drei Disponenten an den drei Arbeitsplätzen zugange. Da momentan aber einige neue junge Männer angelernt werden, waren es mit mir dann doch ein paar mehr.

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Alexander Pix am Leitplatz 1

Die große Aufgabe der Leitstelle ist das Koordinieren, vor allem, wenn Probleme bei Bus und Bahn auftreten. Die kommen per Funkspruch rein.

Anfangs wurde ich dem dritten Arbeitsplatz zugewiesen. Dort saß Alexander Marx, einer der Neueinsteiger. Er ist erst seit wenigen Wochen auf diesem Posten, weiß aber eine ganze Menge und konnte mir vieles gut erklären. Alle drei Arbeitsplätze haben besondere Aufgaben. So geht es bei Platz Nummer 1 vorwiegend um die Probleme und Überwachung der Busse. Bei Nummer 2 liegt die Priorität bei den Bahnen. Der dritte Arbeitsplatz, mit dem wir uns beschäftigten, war der Serviceplatz.

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Die gute Fee vom Serviceplatz: Nicole Klinkhardt am Leitplatz 3

Am Serviceplatz geht es weniger um das Eingreifen und Koordinieren wie bei den anderen beiden. Von hier aus werden die anderen Plätze unterstützt. Jedes Problem wird dokumentiert. Über spezielle Programme erstellt der Mitarbeiter am Serviceplatz Meldungen. Das ist eine der Hauptaufgaben. Aber auch das Erstellen von Laufschriften und die Einrichtung der Anzeigen an den Haltestellen gehören dazu. Sollte es zu Fahrplanunregelmäßigkeiten kommen, so werden die Anzeigen von hier aus dementsprechend angepasst. Gibt es geplante Änderungen, z. B. durch Baumaßnahmen, werden die Laufschriften schon im Voraus angefertigt und erscheinen zur richtigen Zeit an den Haltestellen, damit die Fahrgäste informiert sind. Auch die bekannten Durchsagen der EVAG an den Haltestellen, werden von diesem Platz entweder vorgesprochen und abgespielt oder live gesprochen.

Letztendlich musste Alexander Marx dann weg und ich setzte mich zu Carsten Zille. Seit 1984 ist er im Betrieb und weiß eine unglaubliche Menge. Mit ihm saß ich am Arbeitsplatz 2. Unser Augenmerk lag auf den Bahnen. Hier wurden Funksprüche entgegengenommen und beantwortet. Eine für mich sehr interessante Sache. Auf den sechs Monitoren konnte man grafisch und tabellarisch das komplette Streckennetz der EVAG überwachen.

EVAG Leitstelle
Carsten Zille hat Benjamin alles genau erklärt.

Herr Zille erklärte mir ganz genau jede Anzeige. Da kann man nur gespannt zuhören. Es wurden kleinere Bahnschäden, Fundsachen und Signalprobleme bearbeitet. Nachdem ich mit dem Dispatcher keinen wirklichen Einsatz erleben durfte, hoffte ich natürlich, dass es heute anders wird. Und tatsächlich, ein Fahrer meldete einen Falschparker. Plötzlich ging es los. Es war, als würde sich ein Uhrwerk in Bewegung setzen. Jeder arbeitete miteinander, alles geschah gleichzeitig und unglaublich schnell. Sofort wurde Kontakt zum Verkehrsdispatcher, zum Fahrer und zu allen anderen Fahrern hergestellt, die jetzt umgeleitet werden mussten. Unglaublich viele Telefonate und Sprechwünsche der Fahrer standen an.

EVAG Leitstelle
Damit es im Notfall schnell geht, gibt es eine direkte Telefonverbindung zu Feuerwehr und Polizei.

In einer unfassbaren Schnelligkeit regelte das Team die Situation, sodass nur wenig Verspätung aufkam und möglichst wenige Fahrgäste beeinträchtigt wurden. Als der Autofahrer dann sein Fahrzeug entfernt hatte, musste der Fahrplan wieder reguliert werden, damit die Bahnen wieder in den richtigen Rhythmus und Plan reinfinden. Schnell klügelte Herr Zille eine Möglichkeit aus. Ich war natürlich skeptisch, ob das so einfach geht. Es geht! Nach zehn Minuten waren die Bahnen wirklich wieder im Zeitplan. Unfassbar! Auf einer Stressskala von 1-10 würde er eine 4 geben, meint er. Für mich sah das nach wesentlich mehr aus. Ganz ruhig und konzentriert arbeitete er ein Problem ab, bei dem ich wahrscheinlich nach kurzer Zeit überfordert gewesen wäre. Gut, dass wir ein solch fähiges Team an den Hebeln unserer EVAG haben.

Text: Benjamin Schuchardt