Wärme war lange ein Selbstverständnis. Heizkörper aufdrehen, schon war sie da. Wo sie herkam? Egal. Hauptsache warm. Doch dem Klimawandel geschuldet muss die Wärme, mit der wir heizen und Wasser erwärmen, mehr können: grün erzeugt und gerecht verteilt werden, vom Weltmarkt unabhängig sein. Und natürlich bezahlbar! Es ist Zeit, unsere Wärme-Geschichte neu zu schreiben. Und Erfurt nimmt den Stift in die Hand. „Kommunale Wärmeplanung“ heißt das Ganze. 21 Buchstaben, etwas sperrig. „Doch diese beiden Worte haben es in sich, sie sind die Zukunft, wie wir künftig klimafreundlich Wärme erzeugen. Die Zukunft auch für die Generationen nach uns“, sagt Steffen Linnert. Er ist Dezernent für Finanzen,
Beteiligungen und Theater. Und er ist Chef der Wärmeplanung der Stadt Erfurt.


Wozu brauchen wir die Wärmewende?
Quasi Chef der grünen Wärme. Der Bund gibt das Ziel vor: Bis 2045 soll Wärme durch erneuerbare Energien erzeugt werden. Alle Kommunen in Deutschland sind gefordert, dieses Ziel zu erreichen.
„Wärmepumpen, Solarthermie, Pelletheizungen, Wasserstoff, Wärme aus Abwasser, aus den Tiefen der Erde, produziert aus einst überschüssiger Windkraft – die Möglichkeiten sind vielfältig und immer wieder finden sich neue Lösungsansätze“, sagt Linnert. Und, was nur Wenige wissen – grün muss nicht gleich teuer bedeuten. Mehr als ein Drittel der CO2-Emissionen in der Stadt kommen aus der Wärmeerzeugung. „Ziel ist es, diesen Wert bis 2045 auf null zu senken“, sagt Steffen Linnert.


Wer plant da eigentlich?
Die Wärmeplanung ist das Instrument dazu: „Wir gehen Schritt für Schritt vor, wollen alle Erfurter dabei mitnehmen.“ Die SWE sind Partner der Stadt, erstellen die Wärmeplanung. „Sie haben das Know-how, verstehen ihr Geschäft und stellen mit der Fernwärme einen Großteil der Erzeugung“, sagt Linnert. Fast die Hälfte der etwas mehr als 100.000 Haushalte bekommt wohlige Wärme über das riesige Netz der SWE. „Die wird noch überwiegend durch Gasverbrennung erzeugt.“ Auch viele Hausbesitzer heizen noch mit Gas, mit Öl. Zeitplan zur Umstellung? Bis 2030 müssen bestehende Wärmenetze mindestens 30 Prozent ihrer Wärme aus erneuerbare Energien beziehen. 2040 soll dieser Anteil auf mindestens 80 Prozent steigen. 2045 soll eine vollständig treibhausgasneutrale Wärmeversorgung erreicht sein. Steffen Linnert sagt: „Zurzeit arbeiten wir an einer Bestandsanalyse, also, wie wird wo in Erfurt geheizt. Nächster Schritt ist eine Potenzialanalyse – wo wäre künftig welche grüne Wärmenutzung möglich. Ziel ist es, bis Sommer 2026 Empfehlungen für die besten Heizlösungen für einzelne Gebäude und Quartiere zu erarbeiten.“
Aber: „Natürlich wird es dann immer noch Flecken auf der Karte geben, wo noch nicht zu 100 Prozent klar ist, wie hier später einmal klimaneutral geheizt wird“, sagt Linnert, „doch eines ist sicher: Es wird
mit Sicherheit Lösungen geben.“

Woher kommt unsere Wärme künftig?
Die Stadtwerke arbeiten an verschiedenen Plänen, ihre Fernwärme (kostengünstig) grün zu bekommen: Bei der Tiefengeothermie soll Wärme aus sieben Kilometern Tiefe genutzt werden, Wärme aus dem Klärwerk kann Tausende Haushalte beheizen, große Elektrodenkessel wandeln überschüssige Windenergie in Wärme um, gewaltige Wärmepumpen ziehen Wärme aus der Umgebungsluft. Gleichzeitig muss das Gasnetz wasserstofftauglich, das Stromnetz für die vielen neuen Wärmepumpen fit gemacht werden.
Auch die vielen Tausend Hausbesitzer in Erfurt, die noch mit fossilen Brennstoffen (Gas, Öl) heizen, müssen umdenken. Wärmepumpen, Solarthermie, Pelletheizungen, möglicherweise Wasserstoff,
Hybridlösungen für den Übergang oder auch der Anschluss an das Fernwärmenetz der SWE sind derzeit die Möglichkeiten.


Wärme – bezahlbar und aus Erfurt
„Ich bin mir sicher, dass bis 2045 viel passieren wird. Da fließt noch ganz viel Wasser die Gera hinunter“, sagt Steffen Linnert. „Wir als Stadt werden regelmäßig die Entwicklungen im Wärmesektor prüfen, neue Wege gehen, wenn es nötig wird.“ Eines aber steht ganz oben auf der Agenda: „Wärme muss bezahlbar bleiben. Und wir als Stadt müssen dafür sorgen, dass sie hier bei uns erzeugt wird. Mit der Energie, die wir hier vorfinden. Und das ist eine ganze Menge…“