Eigentlich sind „Die Nibelungen“ ziemlich schwerer Stoff. Nicht so in Erfurt. Wer sich in den Erfurter Theatersommer – hoffentlich geplant – verirrt, wird eines besseren belehrt. Über die Jahre haben die Schauspieler einige Klassiker auf die Bühne gebracht. In erster Linie humorvoll und verwirrend anders. „Dennoch erzählen wir immer die Grundgeschichte“, sagt Klaus Michael Tkacz, der eine Inszenierung als gescheitert ansieht, wenn Zuschauer sich vor der Aufführung erst gründlich belesen müssen.

Das ist auch bei den Nibelungen nicht anders, die in diesem Sommer auf dem Plan steht. Die blutige Tragödie rund um Siegfried und Brünhilde, Gunther, Kriemhild und – nicht zu vergessen Hagen von Tronje – bringen Klaus Michael Tkacz und Stefan Wey in ihrer gewohnt witzigen Manier auf die Bühne. Dabei war lange nicht klar, ob sich die ganze Mühe überhaupt lohnt. Drei Monate lang war die Kulturlandschaft aufgrund von Corona gelähmt. Für viele begann ein Kampf um die ganz persönliche Existenz. Das ging auch Tkacz & Co. nicht anders.

Die Niebelungen Postkarte Für Presse
Stefan Wey und Klaus Michael Tkacz erzählen „Die Nibelungen“ verwirrend anders und mit ordentlich Humor.

Als Schauspieler und Regisseur Harald Richter vor einem Jahr damit anfingen, die Nibelungen neu zu adaptieren, ahnten sie davon nichts. Damals war vielmehr die große Frage, wie man aus der viel gespielten Mär ein Stück für zwei Personen macht. Was bei „Winnetou und den Blutsbrüdern des Baumarkts“ noch ganz gut gelang, gestaltete sich bei Siegfried, Gunther & Co. wesentlich schwieriger. Hier hätte man Heerscharen von Schauspielern beschäftigen können, wenn da nicht das liebe Geld wäre. Denn was eingespielt wird, muss den Darstellern am Ende ein finanzielles Auskommen sichern können. Aber Klaus Michael Tkacz wäre nicht er selbst, wenn er diese Herausforderung nicht als Chance begreifen würde. Monatelang tüftelten die drei an dem Projekt, unterstützt von Ausstatterin Ulrike Mitschke und Andreas Kuch, der die Musik beisteuerte.

Die oberste Maxime dabei „Theater soll Spaß machen – nicht nur den Schauspielern, sondern auch dem Publikum, nicht nur den klassischen Theatergängern“, so Klaus Michael Tkacz, der aus eben diesen Gründen vom Pfad des festangestellten Mimen abwich und sich auf den steinigen Weg der Selbständigkeit machte, ganz ohne Förderung, feste Spielstätte, Unterstützung durch die Stadt. Das war 1999. Gemeinsam mit seiner Frau Susanne Peschel, in der ebenfalls Schauspielerblut fließt, gründete er die Theaterfirma. Die ersten Jahre waren nicht einfach, mussten sie sich doch erst einmal als Freies Theater etablieren und Zuschauer in ihre Stücke locken, die lieber auf bekannten kulturellen Wegen wandelten.

Das ist heute anders, die Theaterfirma ist bekannt wie ein bunter Hund, ebenso wie der Erfurter Theatersommer, den sie gemeinsam mit befreundeten Kollegen bestreiten. Aller zwei Jahre stampfen sie ein großes kreatives Projekt aus dem Boden des allseits Bekannten und erschaffen etwas ganz Neues. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch jede Menge Kraft.

Dass Freies Theater dennoch eine Wackelpartie ist und man irgendwie immer am finanziellen Abgrund langschrammt, ist so geblieben und wird sich wohl auch nicht ändern. Dieses Jahr haben Klaus Michael Tkacz und Kollegen aufgrund des Stillstands so ziemlich die letzten finanziellen Reserven aufgebraucht. „Wir hatten zwar jede Menge Zeit, um zu proben, trafen uns zu dritt in einem riesigen Saal in Witterda, in dem man sich nur mit viel Geschick auf die Füße treten konnte, aber wir wussten nicht, ob wir dieses Jahr überhaupt wieder spielen können. Die Ungewissheit war zermürbend“, erzählt Klaus Michael Tkacz von den letzten Monaten und dem täglichen Kampf um die Existenz.

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Kriemhild und Brünhilde – Klaus Michael Tkacz und Stefan Wey brillieren als Königinnen der Neuzeit.

Das alles merkt man ihrem Spiel nicht an. Witzig ist die Story rund um die Nibelungen. Das Humorpotenzial der alten Sage haben Tkacz und Wey in der Regie von Harald Richter bei aller Grausamkeit der historischen Vorlage voll ausgeschöpft, egal, ob es um die intriganten Verstrickungen der beiden Königinnen oder um den Mord an Siegfried geht. In schauspielerisch hoher Qualität arbeiten sich die beiden auf der Bühne ab, als Brünhilde und Krimhild, als Hagen und Siegfried, sehr körperlich, sehr engagiert. Die akrobatischen Einlagen sind atemberaubend und sorgen immer wieder für Lachsalven im Publikum. Teilweise agieren die beiden Darsteller in einer Höhe von 6,50 m über der Bühne.

Eigentlich perfekt für Schüler, denen man schwere Stoffe nahebringen will, mag man denken. Nur leider hat sich bisher außer einer bayrischen Schulklasse keine einzige Thüringer Schülergruppe an die Spielstätten des Erfurter Theatersommers verirrt, erzählt Klaus Michael Tkacz.

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So blutig die grausame Vorlage auch ist, in der Variation „Die Nibelungen. Sex and Crime“ bleibt kein Auge trocken.

30 Mal läuft „Die Nibelungen. Sex and Crime“ auf dem Innenhof des Angermuseums. „Für uns ohne feste Spielstätte ist das ein großartiges Geschenk. Allein die Bühne ist über 6 Meter hoch, wenn wir die jedes Mal wieder abbauen müssten, das würden wir gar nicht schaffen“, erzählt Tkacz, der sich sehnlichst eine geförderte Stelle für einen Techniker wünscht. Denn all das, inklusive Marketing und Ideenentwicklung lastet komplett auf den Schultern der Schauspieler, die in den letzten Monaten eine unendliche Durststrecke überstehen mussten.

Mehr zu den Veranstaltungen des Erfurter Theatersommers gibt es hier.

Mein Heimvorteil: Freikarten für das Sommertheater

Die SWE Energie GmbH verlost 25×2 Freikarten für die Vorstellung „Nibelungen – Sex & Crime“ am 30. Juli 2020 im Innenhof der Angermuseums. Los geht´s um 21 Uhr.

Die Teilnahme am Gewinnspiel ist ganz einfach – entweder direkt über das Kontaktformular auf dieser Seite oder über die App „SWE Für Erfurt.“. Einsendeschluss ist der 19. Juli 2020. Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.

Hier gibt es einen kleinen Einblick in die Inszenierung:

Fotos Nibelungen: Anton Peschel