Minnesänger, Hexenverbrennung und blutige Bürgerkriege fanden diesem Sommer unter bzw. an einem Viadukt vor dem Erfurter Dom statt. Es wurde nicht wirklich gestorben und das Viadukt ist nicht aus Stein, sondern aus Holz und Styropor. Schauspielerei und Kulisse für die Domstufenfestspiele. Verdis „Der Troubadour“ wurde aufgeführt. Jetzt wird – örtlich versetzt – am und unterm Viadukt Glühwein getrunken und die eine oder andere Leckerei verzehrt. Wie das?
Robert Kriesche ist Spezialist für die kreative Erschaffung kleiner geselliger Orte in Erfurt. So schuf er mit Freunden temporär die Strandbar „Strandgut“ unter einer Brücke am Flutgraben und seit ein paar Jahren gibt es „Das kleine Gartenhaus“ in der Nähe eines alten VEB-Geländes in der Külzstraße. Geöffnet ist es aber nur an warmen Tagen.

Schon beim Aufbau der Theaterkulisse an den Domstufen verguckte sich Robert Kriesche in das Viadukt. Was wird mit dem Viadukt nach den Festspielen? Normalerweise werden Teile der Theaterkulisse versteigert. Aber dieses „Monstrum“? Dafür hat man normalerweise keine Verwendung, wenn man nicht Robert Kriesche heißt. Es wurde die Winteridee für das Gelände in der Wilhelm-Külz-Straße geboren: Ein Winterviadukt für einen alternativen Weihnachtsmarkt.

Es folgten Anrufe beim Theater. Erfolgreich. Viadukt gesichert! Transport und Zwischenlagerung? Anruf bei den Stadtwerken. Schließlich ist Wiederverwendung Abfallvermeidung und nachhaltig. Zusage! Transport und teilweise die Einlagerung wurde von der SWE gesponsert.
Mitte November begann die Metamorphose des Viaduktes im „Hinterhof“ vom „Kleinen Gartenhaus“. Freunde besorgten große Nadelbäume. Ein Wald wuchs. Mittendrin ein kleiner Wohnwagen, der vom Anstrich an einen Marienkäfer erinnert. Er dient jetzt als Imbisswagen. „Der Marienkäferanstrich musste sein. Meine Freundin hat eine Postkarte mit einem Marienkäferwohnwagen in der Küche hängen. Das wollte ich auch und es passt so schön zwischen den Bäumen.“ Natürlich ist der Wohnwagen auch gebraucht und wurde in Eisenach vor der Schrottpresse gerettet. An jeder Ecke entdeckt man solche liebevollen Neunutzungen: Kabeltrommeln werden zu Tischen und ein alter Schrankkoffer wird zur Loge.

In der im Hof befindlichen Schreinerei kann sich der Weihnachtsmarktbesucher aufwärmen und wieder neue Dinge entdecken. Aber ein Weihnachtsmarkt ist nicht nur zum visuellen Entdecken da. Es gibt auch kulinarische Entdeckungen, wie indisches und syrisches Streetfood.
Ein Programm gibt es auch. Weihnachtliche Musik ist da obligatorisch, aber es gibt zum Beispiel auch Versteigerungen und ein paar Überraschungen.
Geöffnet hat der etwas andere Weihnachtsmarkt bis zum 28. Dezember im von Freitag bis Sonntag, 15 bis 22 Uhr. Ein Besuch lohnt sich!
Mehr Infos zu den Veranstaltungen gibt es auf der Facebookseite: https://www.facebook.com/Winterviadukt
(Titelfoto: Lutz Edelhoff)