Halb sieben morgens in der Schwimmhalle Johannesplatz. Idyllische Ruhe, keine Wasserbewegung. Doch nicht mehr lange. Nervös geht Sebastian am Beckenrand entlang. Der 20-Jährige ist im dritten Lehrjahr zum Fachangestellten für Bäderbetriebe. Er ist einer von acht Schwimmmeistern, die in wenigen Minuten ihre körperliche Fitness unter Beweis stellen müssen. Jedes Jahr aufs Neue absolvieren sie einen Rettungstest, um zu zeigen, dass sie für Notfälle gerüstet sind.Nicht nur die Jungen, die frisch von der Ausbildung kommen. Auch die älteren Kollegen müssen regelmäßig beweisen, dass sie fit sind und sofort reagieren können.
Die Anforderungen sind streng. Nur wer die Prüfung besteht, darf in der aktuellen Saison zur Badaufsicht bei der SWE Bäder GmbH eingesetzt werden. Da macht Jörg Kirchner keine Kompromisse. Der 48-Jährige ist Leitender Lehrrettungsassistent bei der Erfurter Berufsfeuerwehr, arbeitet aber auch als Dozent im Rettungsdienst. Seit fünf Jahren nimmt er die Prüfungen bei der SWE Bäder GmbH ab. Als Rettungsschwimmer hat er auch die schwimmerische Qualifikation und weiß, was die Kollegen erwartet. Innerhalb von drei Minuten ist eine Extremsituation zu absolvieren. »Die Schwimmmeister müssen zeigen, dass sie in der Lage sind, aus dem Kalten heraus Höchstleistungen zu bringen«, sagt er.

Die Kandidaten springen in Kleidern ins Wasser, schwimmen 20 Meter und tauchen anschließend ab, um einen Tauchring aus 3,92 Metern Tiefe heraufzuholen. Dass der Ring fünf Kilo wiegt, sieht man ihm nicht an. Die Füllung ist aus Eisen. Das ist nicht ohne.


Aber das Anstrengendste ist das Kleiderschwimmen. Mit langer Hose und langärmliger Jacke – alles aus Baumwolle. Das saugt sich in Nullkommanichts voll und zieht einen nach unten. »Das sind bestimmt 20 Kilo, die man da mitschleppt«, meint Cornelia Sirch. Die Leiterin der Schwimmschule ist heute auch dabei. »Schließlich stehe ich ja bei den Schwimmkursen auch am Beckenrand und muss in Extremsituationen schnell reagieren können«, sagt sie.
Ohne Pause geht es gleich weiter. Eine zu rettende Person wird über 20 Meter im Wasser abgeschleppt. Hier assistieren sich die Schwimmmeister gegenseitig — stets in langer Hose und Jacke. Ein bisschen sieht es aus, als würden sie im Schlafanzug durchs Becken schwimmen.


Im Anschluss erfolgt die Rettung der Person. Das heißt, der Prüfling schwimmt mit dem zu Rettenden bis zum Beckenrand. Er hält ihn an den Handgelenken fest, damit er nicht untergeht, und klettert selbst schnell aus dem Becken, um ihn dann über den Rand ins Trockene zu ziehen und dort abzulegen.

»Das klappt nicht einfach so, das muss man üben. Gerade, wenn die Person bewusstlos ist, wird es knifflig. Man muss sie ja festhalten und dabei gleichzeitig aus dem Becken klettern«, weiß Christiane Anders. Die Schwimmmeisterin hält sich mit Schwimmen, Laufen und Radfahren fit. Mindestens einmal pro Woche springt sie ins Wasser. »Das tut mir gut«, sagt sie. Heute hat sie es nicht ganz so leicht. Sie schleppt Sebastian Quaas ab. Der ist mit knapp zwei Metern gut 20 Zentimeter größer als Christiane Anders. Aber das schafft sie mit Bravour. Und auch Sebastian darf stolz sein.
Alle acht Prüflinge haben bis zur Rettung der Person gerade mal zwei Minuten gebraucht, egal ob sie 20 oder über 50 Jahre alt sind. Im Anschluss steht eine Wiederbelebungsübung an, dieses Mal an der Puppe. Auch hier wird die reale Situation trainiert, denn im Notfall ist es wichtig, so schnell wie möglich mit der Wiederbelebung zu beginnen. Auch hier ist in der Prüfung jede Menge Durchhaltevermögen gefragt.

Fünf Minuten lang heißt es, im Wechsel von Herzdruckmassage und Beatmung Sauerstoff ins Gehirn zu transportieren. Das ist anstrengend, aber enorm wichtig. Nach 30 Mal Drücken erfolgt zweimal eine Beatmung. Im Notfall so lange, bis der Rettungswagen vor Ort eintrifft.

Im Schnitt sind das hier in Erfurt nicht mehr als zehn Minuten. Nach einer knappen Stunde ist alles erledigt. Alles geht zack zack, denn Jörg Kirchner hat die Prüfung Perfekt durchorganisiert — wie immer. Alle haben bestanden. »Ich habe nichts anderes erwartet, diStadtwerke haben gute Leute«, zieht er ein knappes Resümee.
Auch die Befähigung zur Ersten Hilfe wird regelmäßig überprüft. Jeder Schwimmmeister ist als betrieblicher Ersthelfer ausgebildet. Diese Qualifikation muss regelmäßig aufgefrischt werden. Alle zwei Jahre sind neun Stunden Ausbildung in der Ersten Hilfe zu absolvieren. Auch hier steht die Wiederbelebung im Fokus.
Fotos: Steve Bauerschmidt