„Und hier kommt die Umkleidekabine für die Spieler von Rot-Weiß Erfurt hin.“ Ralf Arnold ist technischer Leiter der Arena Erfurt GmbH und er muss das wissen. Sein rechter Arm weist auf ein dunkles Loch, umrahmt von hellgrauem Beton. Fehlendes Licht lässt nur erahnen, wie groß der Raum dahinter ist. Und wo Duschen und Umkleiden einmal stehen werden…

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Noch im Bau – Blick in die Umkleidekabine von Rot-Weiß

Es ist stockdunkel, hier im Herz der Osttribüne. Klar, noch fehlt die Beleuchtung im Bauwerk. Es riecht nach frischem Beton, Kälte kriecht von unten durch die Schuhe nach oben. „Vorsicht vor den Nägeln“, hatte Arnold vor der Führung gesagt. „Wir sind hier auf einer Baustelle, da muss man immer aufpassen.“

Nur wenige Meter weiter ziehen zwei Arbeiter eine Wand aus Backsteinen hoch. „Wände für den Spielerbereich“, sagt Arnold. Zwanzig Meter rechts davon gibt ein Bagger beim Rückwärtsfahren Warnsignale ab, vollbeladen mit Abfallholz rollt er durch einen Tunnel zum Ausgang. Drei Männer hatten hier vorher aufgeräumt. Durch diesen Tunnel sollen nach der Fertigstellung der Arena Lastwagen Material in den Innenraum transportieren können, für das Grönemeyer-Konzert zum Beispiel. Oder Wasserwerfer der Polizei, wenn’s beim Spiel mal brenzlig werden sollte.

Ortstermin in der Arena. Zitat Imagebroschüre: „Dank seiner modernen und multifunktionalen Architektur ist die Arena Erfurt mehr als nur ein Stadion… Durch die geschlossene Anordnung der Tribünenanlage mit rückwärtiger Abschlusswand und Dachkonstruktion wird einerseits für eine stimmungsvolle Atmosphäre (Kesselwirkung) gesorgt und andererseits werden Schallprobleme und Durchzug auf die Sitzplätze vermieden.“

Knapp 18.600 Fans soll die Arena Platz bieten, bis zu 1.300 Menschen können hier tagen, bis zu 2.000 Konzerten lauschen, bis zu 30.000 sind bei Open-Airs dabei.

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Ralf Arnold ist technischer Leiter der Arena Erfurt GmbH

Ende Juli wird die Arena fertig sein, so die Planungen. Schon jetzt sieht sie ziemlich fertig aus – im positiven Sinne. Die Südtribüne steht, die Sitzschalen, mal weiß, mal rot, sind zum Schutz mit Plastefolien abgedeckt. Wege gepflastert, Absperrgitter stehen. Das weiße Blech-Dach ruht auf Stahlträgern, die Proportionen stimmen. „Wir sind im Zeitplan“, sagt Arnold.

Gegenüber der Nordtribüne ist jetzt die Südtribüne, Ort der Heimfans, dran. Der erste Pfeiler steht, ein Kran hievt tonnenschwere Betonteile millimetergenau auf ihre Plätze. Die Teile sind die Stufen der Tribüne, weitere Pfeiler liegen wenige Meter weiter bereit, die Fundamente für sie sind schon gegossen. In wenigen Tagen werden sie aufgestellt, mit den Tribünenteilen verbunden.

Ein Blick auf die alte Stehplatztribüne macht deutlich, wie schnell man vergessen kann. In diesem Fall, wie verfallen das alte Steigerwaldstadion war, bis die Bagger anrückten. Wer hier steht, an diesem Ort, an dem jahrelang rotweiße Geschichte gelebt wurde, der denkt vielleicht an so manchen Sieg und so manche Niederlage. Der Blick fällt auf alte Absperrungen, Stacheldraht, Risse im Beton, Gras und Unkraut wuchert. Die antiquierte Anzeigentafel, die alten Bratwurstbuden.

Das war einmal. Schon bald wird hier, wenn die modrigen Reste der alten Kurve weggeräumt sind, die neue Südtribüne stehen – genauso schön wie das Pendant im Norden. Und genauso nah am Spielfeld, genau so mit einem Dach darüber als Schutz gegen Schnee, Regen oder pralle Sonne.

„Ich bin stolz auf das, was hier entsteht“, sagt Arnold. „Die Arena braucht sich vor anderen Anlagen in Deutschland nicht verstecken.“ Vielleicht ein Dutzend anderer Arenen hat er besucht und mit den Betreibern gesprochen. „Wir wollten von deren Erfahrungen lernen“, sagt er. „Wir müssen das Rad ja nicht neu erfinden.“ Denn eine Arena zu planen, also eine Mischung aus Stadion und Veranstaltungsbereich, das hat jede Menge Tücken.

Das Messegeschäft kennt Arnold aus dem FF, der Mann ist auch technischer Leiter der Messe Erfurt GmbH. „Aber so eine Arena ist dann doch ein ganz anderes Kaliber“, sagt er. Beispiel Stromanschluss: „Da kann man nicht genug haben, wenn erst einmal alles steht, ist es für weitere Verteildosen zu spät. Die dann nachträglich zu verlegen, kostet richtig.“ Wo kommen die Küchen hin, die Räume für das Personal, wo Lagerräume und wo die Arrestzelle der Polizei? Arnold steht vor dem Besuchereingang der Haupttribüne mit ihren Logen, den Sitzreihen darunter und dem großen Veranstaltungsaal im westlichen Teil des Gebäudes. Sein Blick fällt auf einen Ausschnitt im Beton: „Hier ist der Besucherempfang, nach außen lichtdurchflutet, in eine Glasfassade gehüllt.“

Er geht weiter, ins Innere der Haupttribüne. Und steht vor einem Wald von Baugerüst-Stützen. Lautes Hämmern verrät Arbeiter, die man in dem Wald aus Stahl nicht sehen kann. „Die bauen die vielen Stützen zurück“, sagt Arnold. „In zwei Wochen sind sie weg und der große Veranstaltungssaal, in dem sie montiert waren, steht frei.“ Seine Größe lässt sich erahnen, wenn sich der Blick nach oben zur Decke richtet – acht Meter hoch, 1.550 Quadratmeter groß, Platz für bis zu 2.000 Besucher.

Die nächste Station ist eine Etage höher. Da die Treppe leider nicht begehbar ist, geht’s über die Tribüne (zurzeit noch ohne Sitze) zu den 17 Logen. „Dieser Bereich hat 343 Premiumplätze“, sagt Arnold. Die Sessel in Leder und mit Armlehne. „Die 1210 Business-Sitze haben auch eine Armlehne, sind aus Kunststoff und ebenfalls bequem.“ Wer hier in der Halbzeit etwas essen will, dem wird es vom Cateringservice gebracht. Arnold: „Aufzüge bringen alles hoch.“

Und wer keine Lust auf Gespräche hat, kann von der Loge auf den Flur treten – und seine Augen von oben in den Hauptsaal schweifen lassen, der den Blick auf eine 24 Quadratmeter große LED-Wand freigibt. So viel Service reicht auch für die erste Liga…

Arnold: „Wenn das alles fertig ist, werden die Erfurter stolz auf ihr Stadion sein.“ Wo er Recht hat, hat er Recht.

Fotos: Christian Fischer/Bild 13