Sein Name ist Murphy. Herbert Murphy. Das Fell weiß mit braunen Flecken, das Gesicht voller Falten. Seine Augen sind rehbraun und kugelrund, der Blick ein wenig schief. Mit diesem Blick hat er mein Herz gestohlen.

Herbert Murphy kam nach dem Tod seines Herrchens ins SWE Tierheim. Doch lange sollte er nicht auf ein neues Zuhause warten: Ich arbeite in der Unternehmenskommunikation der Stadtwerke Erfurt und eine meiner Aufgaben ist es, die Tiere im Tierheim zu besuchen und zu fotografieren. Anschließend stellen wir sie auf den Seiten des Tierheims in den sozialen Medien vor. Deswegen besuchte ich am 28. Oktober wie gewohnt das Tierheim am Lutherstein, um den Neuankömmling zu fotografieren.

Ich lernte Herbert Murphy am 28. Oktober 2021 im SWE Tierheim kennen. Der Mischlingsrüde hatte Spaß an unserem Fotoshooting für die Social-Media-Seiten des Erfurter Tierheims. Foto: Emely Lea Stehr

Kurz nach meinem Klingeln am Tor des Tierheims kam mir bereits Tierpflegerin Judith Lotthammer mit meinem heutigen Fotomodell an der Leine entgegen: Ein Mischling, der sich nicht entscheiden wollte, ob er eine englische oder französische Bulldogge werden sollte. Sein kleines Schwänzchen wackelte und vor Freude machte er grunzende Geräusche, die mich an ein Schwein erinnerten. Und schon war es um mich geschehen: Ich hatte mich in den Hund namens Herbert Murphy verliebt.

Mit seinen 6 Jahren ist Herbert Murphy nicht mehr der Jüngste unter den Mischlings-Rüden. Das merkte ich bereits bei unserem Kennenlernen: Um seinen Hinterlauf war ein weißer Verband gewickelt. Wegen seiner Rückenschmerzen waren die Mitarbeiterinnen des Tierheims bereits in der Tierklinik gewesen. Aber auch mit Verband war er ein tolles Fotomodell: er setzte sich in das bunte Herbstlaub und schaute mit einem Blick in die Kamera, der jedes Herz unserer Tierheim-Community auf den sozialen Medien zum Schmelzen bringen konnte.

Das Besondere an Herbert Murphy ist nicht nur sein überzeugender Hundeblick, sondern auch sein geknicktes rechtes Ohr. Foto: Emely Lea Stehr

Auf dem Weg zurück zum Auto war mir bereits klar, dass ich diesem kleinen Kerlchen gerne ein neues Zuhause schenken wollte. Allerdings: Herbert Murphy wäre mich und meinen Partner Kim der erste Hund – viel Erfahrung hatten wir also nicht. Deswegen berichtete ich am Abend sowohl Kim als auch meinen Eltern von meiner neuen Bekanntschaft und fragte sie nach ihrer Meinung zu Herbert Murphy. Zwar fanden alle seine Fotos sehr süß, jedoch war zunächst niemand von meiner Idee begeistert, ihm ein neues Zuhause zu schenken. Trotzdem wollte ich meinen seit Kindheitstagen bestehenden Herzenswunsch nach einem eigenen Hund nicht aufgeben.

Herbert hat einige gesundheitliche Probleme: eine Allergie gegen Futtermittel, Arthrose und Hautprobleme. Foto: Steve Bauerschmidt

Natürlich konnte ich die Bedenken verstehen: Herbert Murphy hat einige gesundheitliche Probleme. Wegen seiner Arthrose darf er keine Treppen laufen. Für meinen Freund Kim und mich würde das bedeuten, Herbert mehrmals täglich in den dritten Stock zu tragen. Damit es ihm und seinen Gelenken beim Gassi gehen nicht zu schnell zu kalt wird, trägt er an kühleren Tagen ein Mäntelchen. Außerdem hat er eine Futtermittelallergie. Wir müssten also sehr genau darauf achten was er verträgt und Futter für ernährungssensible Hunde kaufen. Und dann blieb da noch die Frage mit dem Alleinsein: obwohl er lange Zeit auf sich allein gestellt war konnte man nur schwer einschätzen, wie er mit berufstätigen Besitzern umgehen kann.

Bei einem letzten Versuch, mit Kim ein Gespräch über Herbert Murphy zu führen, sagte er plötzlich: „Okay. Wir können ja mal ins Tierheim fahren, und ihn kennenlernen…“ Gesagt, getan. Bereits zwei Tage später standen wir gemeinsam am Tor des SWE Tierheims am Lutherstein und warteten aufgeregt darauf, Herbert Murphy zu sehen. Nach fast 6 Jahren Beziehung erkannte ich sofort, dass es auch Kim bei seinem Anblick ähnlich erging wie mir. Nach etlichen Streicheleinheiten, um den vor Freude grunzenden Mischlings-Rüden zu beruhigen, gingen wir einige Runde durch das große Gehege, das zum Toben und Trainieren mit den Fellnasen im Tierheim gedacht war.

Zugegeben – wir waren etwas unbeholfen mit dem diesmal viel lebendiger wirkenden Herbert Murphy an der Leine. Nach knapp einer halben Stunde zog es die kleine Fellnase allerdings immer wieder zum Ausgang des Geheges. War das ein schlechtes Zeichen? Hatte er schon genug von uns? Beim Gespräch mit Judith Lotthammer stellte sich jedoch heraus, dass er Hunger hatte. Er schien uns also sehr ähnlich zu sein. Natürlich waren nach einem Treffen nicht alle Zweifel und Sorgen wie weggeblasen. Doch in unseren Köpfen manifestierte sich nach und nach das Bild über ein Leben mit Hund. Und nach einem zweiten Besuch im Tierheim und einer ersten großen Gassi-Runde wurde dieses Bild immer klarer.

Kim und Herbert Murphy waren schon bei der ersten gemeinsamen Gassi-Runde in Richtung Lutherstein ein gutes Team.

Zunächst sprachen wir mit meinen Eltern, ihn zu Wochenendbesuchen mitbringen zu dürfen. Denn eins war klar: mit seinem kurzen Fell und Arthrose war Herbert Murphy kein Hofhund. Außerdem verschafften wir uns einen Überblick über die mit der Hundehaltung verbundenen Kosten. Auch mit der Wohnungsgenossenschaft mussten wir absprechen, ob ein Hund überhaupt bei uns wohnen darf. Nachdem wir alles Wichtige geklärt hatten, stand es endlich fest: Herbert Murphy würde unser erster gemeinsamer Hund werden.

Am 15. November und einigen Besuchen im Tierheim später kam der Tag, an dem wir unsere Fellnase aus dem Tierheim holen konnten. Hebert Murphy war an diesem Tag sehr aufgeregt. Judith Lotthammer konnte ihn kaum an der Leine halten. Mit einer breiten Geräuschpallette, die vom Hecheln über sein Grunzen reichte, wurde er uns in seinen schwarz-grünen Wintermantel gewickelt übergeben. Am Auto angekommen konnte er es kaum erwarten, in seinem Hundesitz auf der flauschigen Decke neben Kim Platz zu nehmen.

Lange musste Herbert nicht im Tierheim auf neue Besitzer warten. Nach weniger als einem Monat nahmen Kim und ich ihn bei uns auf. Foto: Steve Bauerschmidt

Heute wohnt Herbert Murphy schon einige Monate bei uns. Darin, ihn für das Gassi gehen anzuziehen, ihn die Treppen hoch und runter zu tragen und seine Pfötchen nach dem Spaziergang zu säubern sind wir schon fast Profis – zumindest fühlen wir uns so. Auch auf sein Fressen wartet Herbert heute sitzend in seinem Körbchen – ein Fortschritt, da er uns die ersten Tage aufgeregt zwischen den Beinen hindurchlief. Zugegeben – auf uns wartet noch eine Menge Arbeit in der Erziehung. Die Kommandos Bleib, Sitz und Nein funktionieren zwar manchmal schon ganz gut, aber Herbert Murphy hat einen ebenso starken Willen wie seine neuen Besitzer. Seit einigen Wochen haben wir Unterstützung von einem Hundetrainer, da Herbert Angst vor dem Alleinsein hat. Doch wir sind ein eingespieltes Team und sind uns sicher, auch dieses Problem zu lösen. Wir dürfen gespannt sein, was uns in den nächsten gemeinsamen Jahren noch erwartet.

Wir sind froh über unsere Entscheidung, Herbert Murphy zu uns geholt zu haben. Das gemeinsame Spazierengehen schweißt uns jeden Tag mehr zusammen. Foto: Steve Bauerschmidt

Text: Emely Lea Stehr
Fotos: Steve Bauerschmidt & Emely Lea Stehr