Montagmorgen im Norden der Thüringer Landeshauptstadt. Ich stehe vor einer alten Fabrikhalle. Aus dem Inneren des riesigen Gebäudes dröhnen die Bohrer und Presslufthammer. Das frühere Warenkontor an der Ecke Hugo-John- und Salinenstraße wird saniert. Ich bin hier mit Maria Göppner und Christopher Kutzner verabredet. Sie gehören zum Erfurter Rollrunde e.V. Der Skateboard-Verein eröffnet in Erfurt erstmals nach 20 Jahren wieder eine Skatehalle. 

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Christopher Kutzner ist Vorsitzender der Erfurter Rollrunde e.V. und fast täglich auf der Baustelle seiner neuen Skatehalle.

„Eine Halle in der Halle sozusagen“, sagt Christopher und lacht. Der 32-jährige ist erster Vorsitzender und Gründungsmitglied des Erfurter Rollrunde e.V. Dahinter stecken begeisterte Skate- und Longboardfahrer aus Erfurt und Umgebung. Sie haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam Ihrer Leidenschaft für den Sport auf Rollen nachzugehen. 60 Mitglieder zählt der Verein mittlerweile, der 2013 gegründet wurde. „Es geht aber nicht nur um den Spaß an der Sache. Uns liegt auch die Umwelt am Herzen. Wir sind in Erfurt fast nur mit Boards und Rädern unterwegs. So stoßen wir keine Schadstoffe aus, sagt Maria.“  Der Verein möchte andere fürs Skateboarden begeistern, damit mehr Menschen auf eine nachhaltige Fortbewegung setzen.

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Maria Göppner und Christopher Kutzner freuen sich auf die neue Heimat für Erfurter Skatefreunde.

Einmal im Jahr macht die Erfurter Rollrunde deswegen in Erfurt mobil. Auf Rollen und Rädern demonstrieren sie für alternative Verkehrsmittel. „Wir sind mit Skate- und Longboards unterwegs. Aber auch Leute mit Einrädern, Rollstühlen oder Inlineskates sind dabei. Hauptsache emissionsfrei“, sagt Christopher. Bis zu 300 Teilnehmer hat der umweltfreundliche Protest auf Rädern in Erfurt.

Anpacken ist angesagt

Damit die Anhänger der Rollrunde bald auch bei schlechtem Wetter fahren können, freuen sich die Beiden über die einmalige Chance für den Verein. Christopher: „Den Traum einer Skatehalle in Erfurt haben wir schon ewig. Oft scheiterte es am passenden Objekt oder dem lieben Geld. Zum Glück hat es jetzt endlich geklappt.“ Die neue Adresse für die Liebhaber des fahrbaren Untersatzes aus Holz ist die Hugo-John-Straße 8. Klar, dass ich mir das einmal ansehen möchte.

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Das alte Warenkontor im Norden von Erfurt wird ein Eldorado für die Kreativszene.

Ich folge Christopher in die Katakomben des riesigen Hauses. Es wurde 1957 gebaut, ist über 110 Meter lang und rund 40 Meter breit. Früher wurden hier auf rund 10.000 Quadratmeter Küchengeräte gelagert, erzählt mir Christopher, der übrigens das ganze Jahr über auf kurze Hosen schwört. Nach der Wende wurde das Warenkontor stillgelegt, der Zerfall drohte. Ein Potsdamer Investor macht das Gebäude nun wieder nutzbar. Ein neuer Ort für Künstler und Kreative in Erfurt soll entstehen. „Da dürfen wir natürlich nicht fehlen“, sagt Christopher und öffnet eine schwere Tür.

Vor mir macht sich ein riesiger Raum auf. Eleganz? Fehlanzeige, denke ich mir. Hier zählt Funktionalität. Der Boden: rauer Beton. Die Wände: grob verputzt, eben kein Schnickschnack. „Und deswegen genau richtig für uns“, sagt Maria, die übrigens freiberufliche Hebamme in Erfurt ist. Der Verein bezieht im Keller des ehemaligen Kontors eine rund 750 Quadratmeter große Fläche.

Dass hier einmal Skateboarder & Co. trainieren, ist schon gut zu erkennen. In der Halle stehen Rampen und Hindernisse. „Obstacles wie es im Fachjargon heißt“, sagt Christopher und ergänzt „alles Marke Eigenbau“. Ein paar Rampen tragen übrigens den Stempel der SWE. Die Erfurter Rollrunde ist einer der 20 Vereine, die durch unser Projekt 20×1000 unterstützt wurden.

So wie jetzt sah das neue Skateparadies aber nicht immer aus. Kutzner: „Anfangs war das kein schöner Anblick. Fenster waren eingeschlagen, der Boden aufgerissen. Das Unkraut stand rund einen halben Meter hoch. Da gab es allerhand zu tun.“ Wie bei fast jedem Verein sind die finanziellen Mittel auch bei der Erfurter Rollrunde begrenzt. Deswegen legen die Mitglieder selbst Hand an.

„Wir sind eigentlich jede freie Minute hier und ackern. Wir verschönern die Wände oder schrauben an unseren Obstacles. In den nächsten Tagen bauen wir eine große Bar ein“, erzählt Christopher Kutzner. Irgendwann soll hier nicht nur trainiert werden, sondern auch kleine Konzerte und Ausstellungen stattfinden. Sogar Workshops fürs Skaten sind geplant.

Wir fördern Vereine in Erfurt

Auch 2019 fördern die Stadtwerke Erfurt wieder tolle Projekte, die Erfurt ein bisschen bunter machen. Bis 2021 jährlich mit einem BUGA-Zuschlag. Bis zur BUGA wird zusätzlich zu den 20 Vorhaben aus Bildung, Kultur und Sport und Soziales ein weiteres unterstützt, das den BUGA-Gedanken trägt. Bis zum 31. Dezember 2018 können sich Vereine, Kindergärten, Schulen und Initiativen noch bewerben. Mehr unter www.stadtwerke-erfurt.de/21×1000

Fotos: Jacob Schröter