Nachmittags am Erfurter Heinrich-Hertz-Gymnasium – aus dem Keller erklingt Musik. Hinter der Tür zur ehemaligen Schulküche wird geprobt: Zwei Keyboards, ein Schlagzeug und verschiedenen Blasinstrumente vereinen sich zu einem Miniorchester, dirigiert von Steffen Gabel, dem Chef der gleichnamigen Erfurter Musikschule.  Die Schüler der 5. und 6. Klassen spielen ein bekanntes Weihnachtslied, das Adventskonzert in der Lutherkirche steht bevor und die jungen Musiker wollen wie die Profis ihr Publikum begeistern.

Neben Mathe, Deutsch, Geographie oder Sprachen können Schüler des Heinrich-Hertz-Gymnasiums in  Klasse 5 und 6 ein musikalisches Unterrichtsfach wählen. Es heißt „Big Band“, umfasst zwei Stunden pro Woche und ist Bestandteil des regulären Schulunterrichts. „Wer sich dafür entscheidet, muss kein Instrument beherrschen und die Notenkenntnisse des bisherigen Musikunterrichtes reichen völlig aus“,  erklärt  Steffen Gabel. „Die Kinder sollen erleben, dass Musik Spaß macht“, sagt Steffen Gabel. Der 53-Jährige hat an der Leipziger Musikhochschule studiert und die Musik zum Beruf gemacht: als Inhaber des Musik-Ateliers, in dem er Instrumente, Noten und Nützliches für Musiker aller Coleur verkauft. Hier werden auch Instrumente zur Reparatur angenommen und Leihexemplare zur Überbrückung ausgegeben. Der Showroom ist ein El Dorado für Musikfans: E-Pianos, Gitarren, Querflöten, Saxophone, Klarinetten, Noten und Zubehör. Der Showroom ist auch ein Musikraum: Hier können E-Pianos oder Gitarren angespielt werden, auch gern, um Wartezeit zu überbrücken.

Im Keller des Ateliers in Gispersleben erklingt täglich Musik. Dort proben Schüler aus Steffen Gabels Musikschule. Die Lehrer der Musikschule sind an elf Erfurter Schulen und drei Einrichtungen in der Region tätig. Nahezu 300 Schüler erlernen unter Steffen Gabels Regie Noten und ein Instrument zu spielen. Der Unterricht  – vom Schlagzeug über das Saxophon, die Trompete und die Klarinette bis zur Querflöte – ist die musikalische Basis für verschiedene Schulorchester oder Bands.

2008 entstand der Förderverein „Musik macht schlau“, der 12 Mitglieder zählt, unter anderem Theater- und freie Musiker und Musikpädagogen. Musizieren ohne soziale Grenzen hat er sich zum Ziel gesetzt. „Nicht jedes Elternhaus kann den Unterricht oder die Miete für das Instrument bezahlen. Diese Kinder erhalten über unseren Verein die Chance, sich musikalisch auszuprobieren“, erzählt Steffen Gabel. Eine wichtige Idee, so wie es der Name des Vereins besagt, ist Musik mehr als nur ein schönes Hobby. Das Musizieren schult die Konzentration, verbessert Kreativität und  Koordination. In einer Band oder einem Orchester schafft das Musizieren ein besonderes Miteinander, unabhängig vom Alter und von sozialen Faktoren. Steffen Gabel und seine Mitstreiter im Verein wollen das jedem Kind ermöglichen.

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Am Erfurter Heinrich-Hertz-Gymnasium gliedert sich das Fach „Big Band“ in eine Stunde Instrumentalgruppen-Unterricht mit zwei bis fünf Kindern und eine Stunde Bandprobe. Zu Beginn des Schuljahres werden die zur Wahl stehenden Instrumente (Saxophon, Trompete, Posaune, Gitarre, Klavier, Bass, Schlagzeug) vorgestellt. Alle Schüler der Big-Band-Klasse lernen zeitgleich und gemeinsam ein Instrument, jedes kann ausprobiert werden. Die Lehrer sind ausgebildete Instrumentalpädagogen und Musiker. Sie geben Tipps, das passende Instrument für jedes Kind zu finden. Nach Abschluss der Big-Band-Klasse können die Schüler am Heinrich-Hertz-Gymnasium weiter Instrumentalunterricht erhalten, dann schließen die Eltern einen Vertrag mit dem Musikatelier Gabel ab. Besondere Talente können im Einzelunterricht besonders gefördert werden.

Scheckübergabe
Jens Freitag (links), Steffen Gabel und Peter Zaiß (rechts).

Die Probe für das Weihnachtskonzert in der Lutherkirche wird kurz unterbrochen. Peter Zaiß  und Jens Freitag  von den Erfurter Stadtwerken,  Konzernchef der eine und Vorsitzender des Konzernbetriebsrates der andere, kommen mit einer vorfristigen Weihnachtsüberraschung. Sie überbringen einen Scheck über 2.959 Euro aus dem Verkauf der Eintrittskarten für die diesjährige Mitarbeiterfeier. Traditionell wird die dabei erzielte Summe an ein soziales, kulturelles oder sportliches Projekt in Erfurt gespendet. Den Scheck 2017 erhält  Steffen Gabel für den Verein „Musik macht schlau e. V.“.

Im kommenden Jahr ist wieder ein Konzert mit jungen Musikern aus allen Schulen geplant, die am Projekt „Musik macht schlau“ beteiligt sind. Vor vier Jahren musizierten und sangen mehr als 150 Schüler im Rahmen der Aktion „Musik baut Brücken“ gemeinsam unter dem Motto „mission filmmusik“ im Audimax der Erfurter Universität, u. a. mehrere Schulorchester. „Das wollen wir wieder auf die Beine stellen. Für die beteiligten Schüler war es eine neue Erfahrung: Sie lernten andere Musiker kennen, probten in ungewohnter Zusammensetzung und lieferten eine tolle Aufführung ab“, erinnert sich Steffen Gabel und freut sich auf die Neuauflage, die für alle auch eine große organisatorische Herausforderung ist. Die Schüler aus der Region müssen zu den Proben nach Erfurt kommen, das Gesamtorchester ist eine ganz andere Dimension.

Aus dem Orchester des Oskar-Gründler-Gymnasiums Gebesee spielten einige der heutigen Abiturienten bei der 2012-er Auflage der „Mission Filmmusik“ mit und erinnern sich gern an die gemeinsamen Proben und an die Gelegenheit, mal bei anderen Schulorchestern reinzuschnuppern. Ein unvergessliches Erlebnis dann das Zusammenspiel aller Musiker im Auditorium Maximum der Universität Erfurt. Solche  Erlebnisse motivieren die jugendlichen Musiker, neben Schulalltag, Freunden und anderen Hobbys regelmäßig Übungszeit am Instrument zu verbringen. Bei so viel Begeisterung dürfte es doch 2018 kein Problem sein, die Mission wieder aufzunehmen.