Historie ist sein Ding, erst recht, wenn es um alte Straßenbahnen und Busse geht. Für uns kramt Michael Nitschke, Betriebsleiter der EVAG, in seinem Archiv:
Heute zeigen wir ein Bild aus dem Jahre 1898 . Soeben erreicht der Triebwagen 1, Baujahr 1894, auf der weißen Linie die Haltestelle am Hauptbahnhof. Der Wagen kommt vom Auenkeller in der Nordhäuser Straße und wird noch zum Kaffeetrichter und zur Steigerstraße weiter fahren.
Farbige Liniensymbole, gegebenenfalls mit einfachen Zeichen ergänzt, waren übrigens zur Jahrhundertwende Standard. Es gab zur damaligen Zeit trotz allgemeiner Schulpflicht eine nennenswerte Anzahl von Analphabeten, auf die Rücksicht genommen werden musste.
Während aber in anderen Städten die Liniennummern vor dem ersten Weltkrieg eingeführt wurden, dauerte es in Erfurt immerhin bis 1930. Allerdings war das Erfurter Netz damals mit 4 Linien ja auch recht übersichtlich. Bleibt noch zu erwähnen, dass es auch Straßenbahnen gab, die niemals Liniennummern eingeführt haben, in unserer näheren Umgebung z.B. Eisenach, Mühlhausen und Weimar. Alle drei Betrieb sind aber auch schon lange Geschichte.
Zurück zum Bild: An der Häuserwand ist eine große, damals übliche und als großstädtisch empfundene Werbung zu sehen. Das war das Werbemittel jener Zeit und die Großfläche wurde in regelmäßigen Abständen übermalt und mit neuen Beschriftungen versehen, oftmals mit umrahmten Buchstaben oder Schattenschrift. Deswegen sehen auf alten Bildern die Werbegestaltungen oft besser aus als die Häuser, die sie trugen. Es gab dafür übrigens einen eigenen Berufsstand, den des Werbemalers.