Als ich die Peterskirche das letzte Mal besuchte, war sie eine Baustelle – komplett eingerüstet. Das war vor einem Jahr. Mit Restaurator Stephan Scheidemann und Planer Frank Spangenberg kletterte ich über das Baugerüst. Viel hatten die beiden zu berichten. Sie zeigten mir Spuren alter Restaurierungsversuche durch die Preußen – Betonausbesserungen aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts.
Wir begutachteten Einschusslöcher und Brandspuren, die von der bewegten Geschichte der Anlage kündeten. Denn bereits 1813 hatte die Kirche, in der die Staufer einst ihre Reichstage abhielten, große Blessuren davongetragen – durch den preußischen Beschuss der Anlage, die damals noch in der Hand der Franzosen war.
Die Anfang des 12. Jahrhunderts als Abteikirche der Benediktiner errichtete Peterskirche ist nicht nur der größte romanische Kirchenbau in Thüringen, sondern auch von besonderer Qualität. Sie ist im Sinne der Hirsauer Reform errichtet und war ursprünglich eine dreischiffige romanische Pfeilerbasilika. Eine Vorkirche – ähnlich der heutigen in Paulinzella – verband sich einst mit dem Kirchenbau.

Schon bei meinem letzten Besuch war ich fasziniert von dem Sakralbau. War wie gebannt von der lichten Halle, der Ruhe und Erhabenheit des Gebäudes. Von außen ist von dem großartigen Ensemble dank der Preußen leider nicht viel übrig geblieben. Die Seitenschiffwände wurden im frühen 19. Jahrhundert abgebrochen. In der Höhe fehlen fast 40 Prozent des Mittel- und Querschiffs. Aus heutiger Sicht ein Fiasko. Auch von den Gebäuden der großen Klosteranlage findet sich heute keine Spur mehr.
Zweckmäßig musste es sein – so eine Maxime der Preußen. Sie wandelten die Peterskirche ab 1820 in ein Proviantmagazin um, ohne Respekt vor Architektur und Geschichte. Wer genau hinschaut, sieht auch heute noch, mit welcher Gewalt Holzbalken zwischen die Pfeiler getrieben wurden. Sie brachen Fenster in Chor und Südwand, rissen den Kreuzchor und die Osttürme ab, zogen Zwischendecken ins Kirchenschiff ein.
Schade! Denn, das erste, was Besucher einst sahen, lange, bevor sie die Stadtmauern erreichten, war die Peterskirche, die nicht nur für ihre imposante Erscheinung, sondern auch für ihre Steinbearbeitung bekannt ist. 2 Meter lang und 30 bis 40 Zentimeter tief sind die Blöcke aus Buntsandstein. Über Pressfugen sind die gewaltigen Steine miteinander verbunden, Mörtel findet sich kaum.
Gartenparadiese und Paradiesgärten
Schon damals war ich neugierig, wie sich die Ausstellung Gartenparadiese in der Peterskirche ausnehmen würde. Ob sie zu ihrer alten Größe zurückfinden würde und auch Besucher begeistern, die sich nicht so eng mit dem alten Gemäuer verbunden fühlen?
Das hat sie – in der Tat. Schon von außen weckt die alte Kirche Interesse. Den Giebel am Hauptportal ziert eine Darstellung von Adam und Eva im Paradies – sie zieht den Betrachter magisch nach innen. Doch die ehemalige Klosterkirche ist nicht nur Ort, sondern ein wichtiger Teil der Exposition. Sie fasst die Schau rund um paradiesische Gärten und die Mythen der Schöpfungsgeschichte nicht nur ein, sondern gibt gleichzeitig viel von sich selbst preis – von ihrer bewegten Geschichte, ihrem großen Klostergarten mit Obst- und Gemüsekulturen, vom Weinanbau und seiner Bedeutung für die Erfurter. Auch Heilkräuter zogen die Benediktiner hier, hüteten das Wissen rund um die natürliche Behandlung von Krankheiten, das heute wieder eine Renaissance erfährt. An vielen verschiedenen Punkten legten die Mönche Gärten an bis hinein ins Brühl.

Doch nicht nur die Gartenanlagen der Benediktiner spielen in der Ausstellung eine große Rolle: elf Gartenparadiese verschiedener Epochen werden vorgestellt, in ansprechend gestalteten Nischen. Umrahmt von scherenschnittartigen Gestaltungen präsentieren sich die Nachbildungen historischer Ansichten von Thüringer Anlagen. Da ist der Schlossgarten Wilhelmsburg in Schmalkalden, der aus der Zeit der Renaissance stammt und zu den ersten Terrassengärten Deutschlands gehört.

Aber auch der barocke Schlossgarten von Molsdorf findet sich, ebenso wie die Orangerie im Herzoglichen Park Gotha, das wunderbare Altenstein bei Bad Liebenstein, das lange als Geheimtipp galt, oder die Dornburger Schlösser. Auch der barocke Schlosspark Sondershausen aus dem Thüringer Norden – ein Kleinod der Gartenkunst, das mitten im Zentrum der kleinen Kreisstadt liegt – wurde nicht vergessen.
Die barocke Anlage der Schwarzburger Fürsten, die hier über 500 Jahre lang residierten, fasziniert nicht nur mit Gartenkunst, sondern auch architektonisch mit dem Achteckhaus und dem Marstall – hier sitzt die Landesmusikakademie und vereint die Tradition der Sondershäuser Musikgeschichte mit der Moderne. Hier hat das Sondershäuser Loh-Orchester seinen Sitz, dessen Ursprünge im 16. Jahrhundert liegen: Es ging aus der Hofkapelle der Fürsten von Schwarzburg-Sondershausen hervor. Viel könnte man erzählen und trotzdem die Eindrücke, die nur vor Ort entstehen, nicht wirklich einfangen.
Ein Besuch lohnt sich in jedem Fall. Die Ausstellung „Paradiesgärten – Gartenparadiese“ bietet nicht nur einen Ruhepol, einen Ort zum Innehalten, sondern auch viele Anregungen für Ausflüge in die Gärten der Region.
Lassen Sie den Raum auf sich wirken, nehmen Sie sich Zeit. Viel können Sie entdecken, was sich vielleicht auf den ersten Blick nicht erschließt. Zu viel will ich nicht verraten, nur so viel sei gesagt, auch Wasser spielt eine wichtige Rolle. Besucher sollten das Kirchenschiff unbedingt durchschreiten – am Ostgiebel erwartet sie eine Überraschung, für die man den Blick auch mal nach unten richten muss.
Bis 10. Oktober 2021 kann die Ausstellung in der Klosterkirche St. Peter und Paul Erfurt noch besucht werden. Sie ist Teil der Bundesgartenschau 2021. Tickets gibt es hier.
Text: Anke Roeder-Eckert
Fotos: Steve Bauerschmidt