Peter Sauerbrey  ist seit mehr als 30 Jahren Markthändler mit eigener Erzeugung

Ein Vormittag auf dem Erfurter Domplatz. Direkt gegenüber der Marktstraße lockt ein Meer bunter Gartenblumen Käufer an den Stand: Edelweißmargeriten, Löwenmäulchen, Nelken…. Erfurters bekannte Köchin Maria Groß kommt vorbei geradelt. Sie unterbricht ihre Fahrt und nimmt einen ansehnlichen Strauß mit. Auf den Tischen dahinter sind frische Kohlrabi, Zwiebeln, Gurken, Blumenkohl und Spitzkohl aufgeschichtet, dazwischen bunte Farbtupfer von Kirschen, Aprikosen und Tomaten. Hier kann man sich Appetit und Inspiration für das Mittagessen holen.

Der Chef des Standes auf dem Frischemarkt, Peter Sauerbrey, und seine drei Mitarbeiterinnen verkaufen fast pausenlos. Zwei Drittel des Gemüses stammen aus eigenem Anbau, erzählt der 62-Jährige. Seit mehr als 30 Jahren ist er Markthändler. Die 1976 gegründete kleine Gärtnerei zwischen Kerspleben und Erfurt hat er 1989 vom Vater übernommen. Das ursprüngliche Grundstück war nur knapp einen Hektar groß. Eine ehemalige Marktfrau verhalf ihnen dann zu ihrem jetzigen Gelände. Sie wollte die alte Gärtnerei in guten Händen wissen und verkaufte das Land 2001 an Familie Sauerbrey.  Seitdem wachsen auf  5 ha guten Böden und in 10 Gewächshäusern im Norden Erfurts 20 Sorten Gemüse und 15 Blumensorten für das Geschäft auf dem Markt.  Die Blumen werden täglich geschnitten und kommen auf kurzem Wege von der Stollbergsiedlung auf den Markt zum Kunden.

Qualität ist das A und O, so wenig wie möglich Chemie im Anbau, ist das Credo von Peter Sauerbrey. Was heißt das für die tägliche Arbeit? Peter Sauerbrey erklärt: „Wir lesen z. B. Kartoffelkäfer mit der Hand ab, jetzt schon das dritte oder vierte Mal in diesem Jahr. Dafür können wir den Kunden eine ungespritzte Frühkartoffel anbieten.“

Manche Gemüsesorten kauft er bei verlässlichen Partnern mit demselben Qualitätsanspruch. Dadurch sichert er Sortimentsvielfalt. Die Käufer wissen das zu schätzen. 80 Prozent sind Stammkunden, erzählt der Händler, sie setzen auf bewusste Ernährung. Beim Abwiegen des Gemüses oder beim Bezahlen unterhält sich Peter Sauerbrey mit den Kunden, man kennt und schätzt sich. Ein Markthändler mit eigener Erzeugung ist Gesprächspartner und Berater, Logistiker und Produzent, Einkäufer und Verkäufer.

„Ich würde mich heute nicht anders entscheiden, die Gärtnerei und der Marktstand sind meine Berufung“, so Peter Sauerbrey, während er Gemüse wiegt und Geld kassiert. Sechs-Tage-Woche und Arbeit bei jedem Wetter, heißt das für ihn und seine Mitarbeiter. Die Marktwoche geht von Dienstag bis Samstag, mittwochs und freitags wird an einem weiteren Stand auf dem Johannesplatz verkauft. Montags findet man den Sauerbreyschen Stand nicht auf dem Domplatz, dann müsste der Händler auch sonntags arbeiten, Gemüse oder Blumen ernten und für den Montag verkaufsfertig machen.  Der Sonntag – das ist eisernes Gesetz – gehört der Familie und ist frei. Familie ist ein wichtiges Stichwort. Peter Sauerbreys Frau hat vor vielen Jahren ihre Arbeit aufgegeben und kümmert sich nun um den Verkauf der eigenerzeugten Produkte. Die Liebe zum Gärtnerberuf hat Peter Sauerbrey auch an einen seiner drei Söhne weitergegeben. Der 19-Jährige ist von Kind an in den Familienbetrieb hineingewachsen und steigt nach Abschluss der Ausbildung mit ein. Mit seinem Lehrberuf Gärtner, Fachrichtung Gemüseanbau, ist er in Thüringen allein auf weiter Flur. Damit verliert ein traditionsreicher Beruf weiter an Nachwuchs und eine Branche an Chancen, den Generationswechsel zu bewältigen.

Die Marktromantik hat auch ihre Schattenseiten. Freie Tage kennt Peter Sauerbrey im Frühjahr, Sommer und Herbst kaum. Dann ist Hauptvegetationszeit seiner Produkte und Urlaub nicht möglich. Auch im Winter verkauft er unter freiem Himmel, so lange das Thermometer nicht unter -5 °C sinkt. Feldsalat und Radieschen aus den eigenen Gewächshäusern oder Lagergemüse wie Rote Bete, Kartoffeln und Kohl füllen dann den Stand.

Peter Sauerbrey verbindet das Nützliche mit dem Angenehmen, das Hobby mit dem Beruf: Er kultiviert in seiner Freizeit seltene Tomatensorten. Fünf bis sechs illustre Varianten wachsen pro Jahr heran. Die Kirschtomate Favorita und die Züchtung Campari, die Früchte bis zu 200 g liefert, sind seine aktuellen Favoriten. Das für Erfurt noch vor dreißig Jahren typische Gemüse, der Blumenkohl, wächst nicht auf den Feldern von Peter Sauerbrey. Zu anspruchsvoll und pflegeaufwändig für den dafür zu erzielenden Preis, sagt der erfahrene Händler. Für 99 Cent, wie im Supermarkt zu haben, kann Peter Sauerbrey keinen selbst erzeugten Blumenkohl anbieten. Er hat sich auf andere Gemüsearten konzentriert, lukrative wachsen unter Glas. Vier feste Mitarbeiter und acht Saisonkräfte sorgen dafür, dass immer ausreichend Ware für den Verkauf da ist und ganz frisch an den Mann oder die Frau gebracht wird. Die meisten von ihnen sind schon lange dabei, das ist auch schon ein bisschen wie Familie. Mittags wird in großer Runde gemeinsam gegessen. “Das Essen stellt der Chef”, lacht Peter Sauerbrey. Die gemeinsame Runde ist wichtig für die Stimmung im Team und für die Abstimmung. Anschließend geht jeder wieder an seine Arbeit. Petra Sauerbrey zeigt mir die farbenprächtigen Sträuße, die am nächsten Tag auf dem Markt verkauft werden. Ganz vorn auf dem Domplatz, seit vielen Jahren am selben Standort.

Der Markt gehört zu Erfurt wie der Dom

Eine Marktordnung regelt seit 1886 das Miteinander von Händlern und Käufern in Erfurt. Darin ist festgeschrieben, wann und wo verkauft wird und was an welchen Tagen oder auf bestimmten Marktplätzen feilgeboten werden darf. Die Marktordnung gibt es bis heute genauso wie Händler, die in 5. oder 6. Generation ihre Ware unter freiem Himmel feilbieten.

Erfurt verfügt über vielfältige Einkaufsmöglichkeiten im Stadtzentrum und am Rande der Landeshauptstadt. Dennoch sind Märkte nach wie vor sehr beliebt. Das persönliche Gespräch, die besondere Frische der Produkte oder deren regionale Erzeugung – für den Einkauf auf dem Wochenmarkt gibt es viele Gründe.

Reges Markttreiben findet man in Erfurt nicht nur auf dem Domplatz, sondern auch auf den Stadtteilmärkten.