Es ist richtiges Schmuddelwetter an diesem Dienstagfrüh. Das nasse Pflaster spiegelt sich in der Glasfassade des neuen Theaters im Brühl. Neonbeleuchtung erhellt den roten Linoleumboden vor dem Bühneneingang. Tontechniker, in schwarz gekleidet, tragen große Kisten durch die Gänge. Sänger laufen durch die Katakomben, ein sonoriges Brummen auf den Lippen. Mitten im Trubel begrüßt mich Anastassia Tkachenko, Musiktheaterpädagogin am Theater Erfurt.

„Das größte Dorf, in dem ich war“, nennt Tkachenko ihre Wahlheimat Erfurt liebevoll. Und ihr herzliches Lachen verrät – sie kann sich auf einige Vergleichswerte beziehen. Geboren in St. Petersburg, ist sie nach dem Abitur in Dortmund zum Hochschulbesuch nach Düsseldorf gezogen. Musikvermittlung studierte sie dann noch in Hannover, bevor sie nun ans Erfurter Theater kam.
Ob Erfurt schön sei? „Selbst die Neubauten sind architektonisch liebevoll eingefügt… Und die Gastronomie hier ist ganz toll!“, schwärmt die 26-jährige. Musiktheaterpädagogin mit 26? Tkachenko lacht. „Ich falle noch in meine Zielgruppe“.
Die Arbeit mit Jugendlichen am Theater ist heute allerdings weit weg von Reclam-Heft und Opernglas. Anastassia Tkachenko erklärt: „Es ist sehr viel kognitive Arbeit, die wir mit dem Spiel, mit der Nachstellung versuchen, erlebbar zu machen“ Aber auch die klassische Musikvermittlung fällt in ihr Metier, von Krabbelkonzerten bis hin zu kindgerechten Aufbereitungen. Was gute Formate für Kinder ausmacht? „Der Zauber eines Kinderformats – es erklärt sich selbst, es braucht keine Betreuung!“, sagt Tkachenko.

Doch auch in der unterrichtsfreien Zeit ist ihre Arbeit nicht getan – ganz im Gegenteil: „Sobald die Ferien beginnen, haben wir hier Workshops. Wenn ich aus dem Workshop gehe, habe ich immer mindestens 5 Konzeptionen parat – die Jugendlichen sind sehr kreativ und verstehen das aktuelle Musiktheater sehr gut!“ So kann die klassische Frage nach der Konkurrenz von Kino und Konzert auch aus anderen Perspektiven gesehen werden: „Ich finde die Frage nach dem Anstatt immer problematisch – was stört das eine das andere? Wenn wir ganz ehrlich sind, wohin gehen wir ins Kino? Man geht in Blockbuster, die Abgründe aufzeigen – und das können Theaterstücke in gleichem Maße!“
Wer sich selbst davon überzeugen will, sollte dringend wieder im Theater vorbeischauen – zum Beispiel mit dem Nachwuchs zum Kinderkonzert am kommenden Mittwoch.
Text und Fotos: Benedikt Pototzky