„Doof geboren und nix dazu gelernt.“

Ein Satz, den Donald Duck mal irgendwann prägte und den ich mir gemerkt hatte. Nicht, dass er generell auf mich zutrifft, aber manchmal denke ich mir, da steckt schon ein Stückchen Wahrheit drin. Gerade, was so manche Sünden angeht, bin ich immer mal wieder auf das kleine Teufelchen in mir  reingefallen. Zigarillo? Eine hat noch nie geschadet. Wein? Wer ist schon päpstlicher als der Papst. Gesunde Ernährung? Wie langweilig. Und, außerdem: Ich laufe doch jeden Morgen durch den Wald, da sind dann auch ein paar Sünden drin…

Und jetzt das.

Seit zwei Wochen faste ich (zum ersten Mal in meinem 53 Jahre langen Leben) und mir geht’s – gut. Körperlich und geistig. Erstaunlicherweise.

Mit allem hatte ich vor meiner Fastenzeit (Vorsatz: kein Alkohol, weniger und gesünderes Essen) gerechnet, nur damit nicht. Ich dachte, die 40 Tage sind pure Quälerei. Ein dauerndes Gieren nach dem Feierabendbier, bei jeder Flasche Wein, die in der Vorratskammer liegt, der Gedanke an das herrliche Bouquet. Der Verzicht auf den Zucker im Kaffee – grauenvoll.

Ich dachte an mein Leid, als ich mit dem Rauchen aufhörte, an zittrige Finger und ein dauerndes qualmendes Gedankenfeuerwerk mit regelmäßigen Schmachtattacken. Sobald ich damals sah, wie einer genüsslich an der Kippe zog, wollte ich auch eine. Sofort! Mann mit Zigarillo und Kaffee auf dem Wenigemarkt? Die geistige Hölle. Die wenigen Momente, in denen ich damals mal nicht ans Rauchen dachte, waren im Schlaf und beim Laufen durch den Wald.

Dagegen ist mein jetziger Verzicht wie das Trommeln um den Weihnachtsbaum.

Doch von Anfang an. Meine Gattin beschloss Anfang des Jahres eine Low-Carb-Diät. Das bedeutet verkürzt dargestellt: null Kohlenhydrate, dafür Gemüse, Fleisch und Fisch. 40 Tage, die komplette Fastenzeit über: kein Brot, kein Zucker, keine Pasta. Ich bräuchte ja nicht mitmachen, obwohl es mir auch nicht schaden würde. Nein, so meine Antwort, ich mach das nicht, man muss ja nun nicht jeden Trend ausprobieren.

Eine Woche vor Aschermittwoch machte es plötzlich klick im Kopf. „Dir kann fasten auch nicht schaden“, sagte das Engelchen in mir. „Was hast du zu verlieren?“ „Jede Menge Spaß“, antwortete das Teufelchen. Doch der Zug war abgefahren, die Entscheidung stand fest: 40 Tage keinen  Alkohol (außer ein Tag Fastenbrechen in der Woche) und 40 Tage lang statt Low Carb lieber 16-zu-8-Fasten. Letzteres bedeutet: 16 Stunden nix essen (also von 20 Uhr bis 12 Uhr), dann acht Stunden essen was man will. In der langen Phase, so die Erkenntnis einiger Wissenschaftler, würde der Körper irgendwann anfangen Fett zu verbrennen und Giftstoffe zu killen, die in den Zellen rumlungern würden. Klang gut.

Gourmet-Restaurant "Clara" , KŸchenchef Johannes Wallner

Warum ich mir das antun wollte? Nicht wegen der paar Kilos weniger, die kommen sowieso wieder. Ich wollte mir beweisen, dass ich genug Selbstdisziplin besitze, um auch mal Stopp sagen zu können.

Das Komische: Ich dachte, der stundenweise Verzicht auf Nahrung wäre eine Nullnummer, die wahre Herausforderung wäre null Alkohol. Ich habe mich getäuscht.

Essen nach der Uhr ist in meinem Job (Medien) doof. Zu oft klingelt das Telefon genau dann, wenn man essen darf. Dann herrscht ein paar Stunden Alarm und – schwuppdiwupp – ist das Zeitfenster geschlossen. Und abends beim Lesen oder vorm PC nix knabbern, auch keine Trockenfrüchte? Geht gar nicht. Kein Frühstück schaffe ich, aber der viele Kaffee als Ersatz schafft den Magen. Wissen Sie, wie schön ein Butterbrot nach 20 Uhr sein kann, wenn man davon nur träumen darf?

Konsequenz: Diät nix für mich, ich habe vor drei Tagen aufgegeben. Allerdings: Ich verzichte immer noch auf Zucker, versuche kalorienarm und in vernünftigen Abständen zu essen. Und mir geht es gut (siehe oben).

Völlig ungewohnt dagegen meine Gedankengänge in Sachen Alkoholverzicht. Am Anfang dachte ich noch, ich kann ja nach zwei Wochen aufhören. Ich müsste mir ja nur beweisen, dass es auch ohne geht.

Jetzt ertappe ich mich öfter bei der Frage: „Warum eigentlich nicht für immer?“ Denn: Ich schlafe besser, viel ruhiger. Albträume Fehlanzeige. Ich bin nach dem Aufwachen gut gelaunt. Ich gehe früher ins Bett, bin ehrlich müde. Der tägliche Wein am Abend hatte mir wohl einen Teil meiner Müdigkeit geklaut, wie oft hatte ich den Zeitpunkt ins Bett zu gehen verpasst. Natürlich nagte in mir jahrelang das schlechte Gewissen, das ist mit einem Schlag vorbei. Also, warum nicht für immer Wasser, Tee und Säfte?

Bevor ich diese Frage Ostern beantworte (ich denke, ich kenne die Antwort schon), werde ich das „Ohne“ bewusst durchleben. Auf Dates verzichten, bei denen brennender Metaxa serviert wird (als Krönung nach dem Gyros), den Rotwein einfach liegen lassen und lieber alkoholfreies Hefeweizen trinken statt (echt leckeres) naturtrübes Kellerbier.

Was auf jeden Fall bleiben wird – ich werde bewusster essen. Weiter jeden Morgen durch den Wald laufen, mit oder ohne Hund. Die zwei Wochen haben gereicht, um mir klar zu machen, dass weniger oft mehr ist. Dass Einfach einfach gut ist. Dass Überfluss kein Reichtum ist. Und dass Verzicht durchaus ein Gewinn sein kann – nicht nur körperlich, auch geistig…