„Du willst in den nächsten sechs Wochen auf Alkohol verzichten? Kohlenhydrate weglassen?“ Der Kollege grinst. „Warum machst Du das?“ fragt der zweite Kollege verständnislos. „Brauch‘ ich nicht, ich trinke abends sowieso nur Wasser oder Tee. Nur ab und zu mal ein Glas Wein…“, verrät eine Kollegin. Und in jedem der drei Gesichter ist zu lesen, dass niemand an meinem Erfolg glaubt: „Das schafft der nie!“

Abwarten, ist mein Gedanke.

Heute ist Aschermittwoch – Start der 40 Tage dauernden Fastenzeit, als Erinnerung an die Zeit, die Jesus fastend und betend in der Wüste verbrachte. Und schon im Alten Testament heißt es dazu: „Als die Nachricht davon den König von Ninive erreichte, stand er von seinem Thron auf, legte seinen Königsmantel ab, hüllte sich in ein Bußgewand und setzte sich in die Asche.“

Nun, ich bin kein König. Ich bin in Sachen Ernährung und Genussmittel eigentlich ein ganz normaler Sünder, Fußvolk sozusagen. Zu viel Süßes, zu viel Fettiges. Und, ja, auch zu viel Bier und Wein (schmeckt aber so lecker). Aber trinken die Bayern auch nicht regelmäßig ihr Bier?

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Hund und ich im Eichsfeld – das Tier bekommt einmal am Tag fressen, ich dagegen gönne mir mehrfach etwas. Und nicht gerade das Gesündeste…  

Fasten? Hab‘ ich nie gemacht. Warum auch, sich selber quälen fand ich noch nie besonders sexy.

Ich hielt es auch nicht für notwendig. Immerhin laufe ich fast jeden Tag mit Hund durch den Steiger, mal neun, mal zwölf Kilometer. Hin und wieder auch mal 20, 30 Kilometer, um den Kopf frei zu bekommen – das ist eigentlich genug des Quälens. Dazu noch ein paar Yogaübungen (der Sonnengruß ist wirklich zu empfehlen) für die Gelenkigkeit, Liegestütze für die Rückenmuskulatur (hatte mir ein Oberarzt nach einem Bandscheibenvorfall vor 20 Jahren empfohlen). In Erfurt wird nur geradelt, Einkaufen geht auch zu Fuß.

Trotzdem war und ist da immer das permanente schlechte Gewissen. 95 Kilo bei 1,90 Meter Größe ist auch nicht gerade wenig, vor einigen Jahren waren es locker zehn Kilo weniger. Der abendliche Griff zu der Chipstüte, das Bier, das nicht wirklich sein muss, der Nachschlag beim Essen, obwohl man eigentlich satt ist. Und immer wieder das Gefühl, dass der eigene Körper Besseres verdient hat, als das, was man ihm mit Pommes & Co. zumutet. Sicher, so ein Cheeseburger ist auch in meinem Alter (53) noch echt lecker, aber irgendwie macht er mich nicht satt und das weiche Brötchen und der Käse darin sind vielleicht auch nicht gerade Balsam für den Darm.

Pizza? Lecker, aber der viele Käse… Pasta? Auch lecker, aber diese geballte Masse an Kohlenhydrate… Bratwurst, Pfannkuchen, Tortenguss?

Ich bin ein sogenannter Süchtel. Also ein Mensch, der gerne den Verlockungen des Lebens erliegt und sich sagt, aufhören kann ich später immer noch. Dass ich aufhören kann, habe ich mit dem Rauchen bewiesen, aber auch nur, weil mein Körper und vor allem die Lunge mir eindeutige Warnhinweise gegeben hatte. Obwohl – einfach war das nicht, die Zeit nach der letzten Kippe war wirklich schrecklich, das muss ich zugeben. Händezittern, schlechte Laune, Gewichtszunahme – das volle Programm.

Und jetzt fasten?

Irgendwann hatte es in meinem Kopf klick gemacht. Und der Gedanke des Fastens war plötzlich da. Klein und fies und nicht mehr wegzudenken. War’s die Bemerkung des Verkäufers gewesen, Hemden à la Slim fit wären nichts für mich? Oder das leichte Schnaufen nach drei Etagen Treppensteigen? Oder meine Frau, die sagt, sie mag mich auch so wie ich bin? Oder waren es die vielen Berichte in den Medien, die einem suggerieren, dass man seinen Körper seit Jahren belogen und betrogen hat? Dass Mäuse, die nur einmal am Tag fressen, länger leben als die, die sich rund um die Uhr den Bauch vollschlagen?

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Fakt ist: Ich fang‘ heute mit dem Fasten an. 40 Tage kein Alkohol, basta! Aber was dann abends trinken? Wasser? Hmmh. Tee? Tja. Vielleicht alkoholfreies Bier, wie es die Gattin vorschlägt? Ich geb‘ zu, ich habe noch keine wirkliches Lösung, wie das Feierabendbier zu ersetzen ist. Nur eines ist klar, mein Problem ist eigentlich ein Luxusproblem…

Das gleiche gilt für einen anderen Part beim Fasten. Dem Essen. Denn wenn ich schon mal dabei bin, gibt’s ab sofort nur noch Kohlenhydratreduziertes. Zucker im Kaffee? Gestrichen. Auch Klöße, Kartoffeln, Pasta und Reis sind tabu. Fisch und Gemüse sind eh viel gesünder. Ein japanisches Sprichwort besagt, man solle für eine gute Gesundheit stets nur so viel essen, dass man zu 80 Prozent gesättigt ist. Ich probier’s mal, vielleicht haben die Japaner ja Recht.

Warum ich das mache? Nicht, weil es gerade Mode ist und in allen Medien Fasten gepriesen wird. Nein, ich glaube, ich mache es, weil ich mir beweisen will, dass ich genügend Willen besitze, um Unangenehmes durchzustehen. Weil ich sehen will, was Fasten mit mir macht. Ob es wirklich dem Körper hilft, den Geist befreit. Nach 40 Tagen werde ich es wissen. Wie es mir in den nächsten Tagen so ergeht, können Sie hier im Blog nachlesen. Und natürlich unter den Artikeln Ihre Erfahrungen dazu loswerden…

Drücken Sie mir die Daumen.