Abkürzungen gehören bei den Stadtwerken zum guten Ton. Diesmal wollte Theresa, Praktikantin in „U“, der Unternehmenskommunikation, wissen, was sich hinter der „GuD“ verbirgt.

Gegen 14 Uhr treffe ich mich mit Lutz Börner, dem Bereichsmeister für Kraftwerktechnik, an der Gas- und Dampfturbinenanlage, kurz der „GuD“. Der 57-jährige Mitarbeiter der SWE Energie GmbH begrüßt mich freundlich und unsere kleine Tour durch die GuD beginnt.

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Die GuD von innen.

„1998 gingen unsere ersten beiden Kessel in Betrieb“, informiert mich Lutz Börner und steuert auf die erste Gasturbine zu. „Wir haben zwei Gasturbinen und zwei Abhitzekessel in diesem Gebäude. An beiden Anlagen laufen dieselben Prozesse ab“, erklärt er. Außerdem erfahre ich von Lutz Börner, dass in einem Havariefall, die Turbinen auch mit Heizöl betrieben werden können. „Die GuD ist für zwei Brennstoffe ausgelegt. Falls mal eine unserer Gasleitungen repariert und das Gas abgestellt werden muss, können wir auch mit Heizöl den Betrieb am Laufen halten.“

An der Gasturbine angekommen, verdeutlicht mir der Bereichsmeister begeistert wie genau die Strom- und Wärmerzeugung mit einer Turbine funktioniert: „Das Gas wird in der Brennkammer der Gasturbine und der im Verdichter der Turbine komprimierten Luft gezündet,“ erklärt er mir und sagt, dass hierbei Temperaturen von bis zu 1500 Grad entstehen. „Da wird es in der Kammer richtig heiß. Mit der Umwandlung der Wärmeenergie in Bewegungsenergie wird dann über ein Getriebe der Generator angetrieben“, erläutert der Bereichsmeister und fügt stolz hinzu: „Jede unserer Gasturbinen erzeugt 20 bis 25 Megawattstunden.“

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Eine der drei Gasturbinen in der GuD.

Die GuD produziert aber nicht nur umweltfreundlichen Strom. „Wir nutzen auch die Abwärme, die bei der Stromerzeugung entsteht. Das ist das Geheimnis der GuD“, sagt Lutz Börner voller Begeisterung. Durch die Abwärme wird das Wasser, das sich im Abhitzekessel befindet, erhitzt. „Somit erzeugen wir überhitzten Dampf, der bis zu 530 Grad heiß wird“, erklärt mir der 57-Jährige weiter. Der heiße Dampf aus den zwei Abhitzekesseln wird über eine gemeinsame Frischdampfleitung auf eine Dampfturbine geleitet. Denn die sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung sorgt dafür, dass weniger Primärenergie also Gas oder Heizöl eingesetzt werden muss, der CO2-Ausstoß geringer ist und der Wirkungsgrad immerhin bei rund 90 Prozent liegt. Herkömmliche Kraftwerke liegen bei 40 bis 60 Prozent. Im Jahr 2013 wurde die Erzeugeranlage noch um einen Abhitzekessel und eine 30 Megawattstunden Gasturbine erweitert. Der im Abhitzekessel entstehende Dampf wird auf die vorhandene Dampfturbine geleitet.

In der Dampfturbine wird die thermische Energie des sogenannten Heißdampfes in Bewegungsenergie umgewandelt. „Mit der Dampfturbine können wir eine Leistung von 30 Megawattstunden erzielen“, sagt der erfahrene Bereichsmeister.

Die Restwärme aus der Dampfturbine wird genutzt, um das Dampfnetz mit einer Temperatur von 200 bis 220 Grad und einem Druck von acht Bar zu versorgen sowie das Heißwassernetz der Stadt Erfurt von 65 Grad auf 105 bis 130 Grad zu erwärmen. „Das „heiße Wasser“ schicken wir mit Umwälzpumpen über Heißwasser-Vorlaufleitungen in die Umformstationen der einzelnen Stadtwohngebiete wie zum Beispiel den Herrenberg oder zum Roten Berg“, sagt Lutz Börner. Das durch Wärmeaustausch auf 65 Grad abgekühlte Wasser wird über eine Rücklaufleitung ins Kraftwerk geleitet, wo der Kreislauf von vorn beginnt.

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Lutz Börner erklärt, was es mit der Umwälzpumpe auf sich hat.

Zur Führung durch das Kraftwerk gehört natürlich noch ein Besuch in der Leitwarte, dem Bedienungsort der Anlage. Von hier aus werden die Stadtnetze, die Fernwärme und die Stromerzeugung für Erfurt überwacht. Die Leitwarte erinnert mich ein bisschen an die Kommandobrücke eines Raumschiffs. „Es gibt hier insgesamt drei Arbeitsplätze. Rechts sitzt der Schichtleiter, in der Mitte der Obermaschinist und links der Schichtmeister. „Von hier werden zum einen die Fernwärmenetze und Stromerzeugung, und zum anderen die gesamte GuD überwacht“, erfahre ich von Lutz Börner weiter. „Die Kollegen hier arbeiten rund um die Uhr. Auch an Feiertagen und am Wochenende gibt es immer eine Früh-, Spät-, und Nachschicht, die mit mindestens drei Personen besetzt sein muss“, sagt der engagierte Bereichsmeister.

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In der Leitwarte werden die Fernwärmenetze und die Stromerzeugung für Erfurt sowie die gesamte GuD rund um die Uhr überwacht.

Zum Abschluss unsere Tour habe ich natürlich noch eine Frage, die mir auf den Lippen brennt, denn beim Rundgang durch die Anlage ist mir eins besonders aufgefallen: Die Turbinen haben alle unterschiedliche Namen. Die Dampfturbine heißt Petra und die beiden Gasturbinen Annabell und Alexandra. Auf meine Nachfrage hin lüftet Lutz Börner noch ein zweites Geheimnis der GuD: „Die Turbinen wurden nach den Ehefrauen von drei ehemaligen Mitarbeitern benannt. Petra heißt die Frau des ehemaligen Betriebsleiters, Annabell die Frau des ehemaligen Inbetriebssetzers und Alexandra die Frau des ehemaligen Hauptabteilungsleiters.“ Dass es in einem Kraftwerk so romantisch sein kann, hätte ich nicht gedacht!

Weiter spannende Informationen und Videos zur Gas- und Dampfturbinenanlage und zum Erfurter Energiemodell gibt´s unter:

http://www.heimvorteil-fuer-erfurter.de/erfurter-energiemodell.html#1-abhitzekessel

Energieversorgung zum Anfassen und Ausprobieren:

Mit dem Experimentierkoffer der Stadtwerke Erfurt können Schüler ab der 10. Klasse selbst kleine Experimente zur Energieversorgung durchführen.

Informationen zum Experimentierkoffer gibt’s unter:

www.stadtwerke-erfurt.de/Experimentierkoffer

Text: Theresa Brehm; Fotos und Video: Ivo Dierbach