Plastik? Wunderbar praktisch im Alltag, funktional, unkaputtbar und unverzichtbar für viele Menschen. Leider auch voll mit gesundheitsschädlichen Stoffen und ein riesiges Problem für die Umwelt. Dass es sich auch gut ohne leben lässt, beweist die seit einigen Jahren stetig wachsende Zero-Waste-Bewegung. Als EVAG-Mitarbeiterin beschäftigte ich mich ja schon von Berufs wegen mit Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Warum nicht auch privat mehr tun, dachte ich mir und startete im Februar 2017 meinen Zero-Waste-Selbstversuch.
Als zu Beginn der Fastenzeit 2017 in vielen Medien wieder unisono zum Verzicht auf diverse Dinge aufgerufen wurde, fand sich in der Liste neben den üblichen Verdächtigen Alkohol und Zucker auch Plastik. Wieder so ein Trend, dachte ich beim ersten Lesen und scrollte weiter. Doch so ganz ließ mich das Thema nicht los und ich kam ins Grübeln. War ich nicht schon ziemlich gut beim Schutz der Umwelt, kaufte vorrangig Bio-Lebensmittel, fuhr kaum Auto? Aber was war mit den Mengen an Plastikmüll, die nach dem Verstauen der Einkäufe immer übrig waren, den Coffee-to-go-Bechern unterwegs oder den Kaffeekapseln auf Arbeit? Da muss es doch Alternativen geben, überlegte ich und fing an zu lesen. Schnell wurde mir das Ausmaß bewusst: Plastik war überall und die Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt verheerend. Unzählige Artikel und Blogbeiträge später war klar: So wollte ich nicht mehr konsumieren!
Kleine Dinge, große Wirkung
Aber wo anfangen? Die komplette Vermeidung von Müll, wie von einigen Ikonen der Zero-Waste-Szene praktiziert, war utopisch. Also legte ich mit den kleinen Dingen los, die sich einfach im Alltag umsetzen ließen: Obst und Gemüse gab es nur noch lose, Stoffbeutel für spontane Einkäufe waren ja jetzt immer mit dabei, und Milch und Joghurt verkaufte der nette Bio-Bauer auf dem Wochenmarkt in Mehrwegbehältern.

Zugegeben, der erste Gang in den Unverpackt-Laden kostete Überwindung. War das Mitbringen eigener Behälter hygienisch? Wie funktionierte das Abfüllen? Und gab es da überhaupt alles, was ich brauchte? Das Einkaufserlebnis war ein ganz anderes als im Supermarkt, aber viel schöner und persönlicher. Auch konnte man hier nicht nur plastikfrei einkaufen, sondern auch regionale Erzeuger unterstützen.


Stolz trug ich nicht nur Haferflocken, Linsen, Nüsse und Co. in eigenen Behältern nach Hause, sondern auch viele neue Ideen. So wurden auch Flüssigwaschmittel, Spülmittel und Reiniger bald nicht mehr in der Drogerie gekauft, sondern selber im Unverpackt-Laden abgefüllt.


Nach und nach verschwanden auch Duschgel, Shampoo und Bodylotion und wurden durch Seife und feste Körperbutter ersetzt. Die Plastikzahnbürste musste der Variante aus Bambus weichen. Sogar die Zahnseide war im praktischen Glasröhrchen erhältlich.
Erste Erfolge…
Der Gang zur Mülltonne wurde viel seltener nötig, das machte mich schon ein bisschen stolz und war Ansporn weiterzumachen. So kam nach und nach alles im Haushalt auf den Prüfstand. Manche Dinge wie Strohhalme und Küchenrolle wurden komplett verbannt. Für einiges fanden sich alltagstaugliche Alternativen. So wurden Papier- durch Stofftaschentücher ersetzt und statt Frischhaltefolie kamen nun gewachste Stofftücher zum Abdecken von Lebensmitteln zum Einsatz. Manches wie die feste Deocreme konnten in ersten Selbstversuchen noch nicht überzeugen. Auch die Zahnputztabletten bzw. die feste Zahnpasta erwiesen sich aufgrund der Konsistenz und der fehlenden Frische eher als gewöhnungsbedürftig.

…und kein Ende in Sicht
Auch nach 1 ½ Jahren der intensiven Beschäftigung mit den Themen Müllvermeidung und Umweltschutz bin ich noch lange nicht am Ende angekommen. Demnächst möchte ich von gekauften Putzmitteln auf selbstgemachte umsteigen und bin schon gespannt, wie gut das klappt.
Es gibt immer noch einiges, was ich im täglichen Leben besser machen könnte. Ich bin nicht perfekt und diese spezielle Art von Konsum erfordert ein hohes Maß an Vorausplanung und Selbstorganisation und ja, teilweise auch Verzicht. Das ist nicht immer praxistauglich und auch bei mir überwiegt gelegentlich die Faulheit, und ich greife im Supermarkt zu, weil es so verlockend einfach ist und Zeit spart. Und natürlich gibt es auch Dinge, auf die ich schlicht nicht verzichten möchte: die in Zellophan verpackten Lieblingskekse oder die italienische Lieblingspasta, die leider immer noch im Plastikgewand daherkommt.
Missionieren ist nicht so mein Ding. Konsumentscheidungen trifft jeder täglich selbst. Ich würde mir nur wünschen, dass die Menschen bewusster einkaufen gehen und die kleinen, ganz einfachen Dinge umsetzen: Thermobecher oder Pfandbecher statt Papier-Coffee-togo, eigener Stoffbeutel statt Plastiktüte oder im Supermarkt öfter nach der losen Ware greifen. Auch die Frage „Brauche ich das jetzt wirklich?“ hilft dabei, das eigene Konsumverhalten ganz gut einzunorden und es wird überraschen, wie oft man diese Frage doch mit Nein beantworten kann. 🙂
Weiterlesen:
https://www.besser-leben-ohne-plastik.de
Naturkosmetik zum Selbermachen
Nicht von Pappe – ein Verein kämpft gegen Verpackungsmüll
Umweltschutzverein Erfurt e.V.
http://claerchen-erfurt.de
Fotos: Ivo Dierbach