Wie viele Jahre wollte ich sie schon haben – meine eigenen Schlittschuhe. Schon lange habe ich nach einem passenden Paar Ausschau gehalten, nur waren sie leider immer zu teuer. Dass mir ausgerechnet auf dem Stöbermarkt passende Kufen „über den Weg“ laufen würden,  hätte ich nicht gedacht. Am Wochenende standen sie aber vor mir: schwarze Schlittschuhe.

Sie waren beinahe unbenutzt und kosteten nur zehn Euro!  „Die muss ich mir unbedingt anschauen!“, rief ich meiner Mama zu und blieb an dem Stand einer blonden Frau stehen. Kurz anprobieren – passt. Drei, zwei eins – meins!

Normalerweise sind meine Eltern, mein Freund Kim und ich keine Flohmarktbesucher – unser Besuch des Stöbermarkts der Stadtwerke an der Eugen-Richter-Straße 26 war ein besonderes Erlebnis für uns. Kleidung, Schuhe oder Dekoartikel kaufen wir üblicherweise im Geschäft oder auch hin und wieder im Internet.

Das Stöberhaus kenne ich, seit ich in der Unternehmenskommunikation der Stadtwerke arbeite. Ich liebe es, durch das ständig wechselnde Sortiment zu stöbern und mir die vielen, teilweise antik anmutenden, Stücke anzusehen. Diese Begeisterung wollte ich durch einen gemeinsamen Besuch mit meiner Familie teilen.

Jörg Hambruch vom Stöberhaus-Team verkauft seit 7 Jahren die Schätze des Hauses an die Stöbermarktbesucher. 

Von kleinen wackeligen Ständen mit uralten Eimern und Körben, Gartenstühlen und Fahrradteilen bis hin zu großen Tischen mit einer Vielzahl bunter Röcke und Blusen, Hosen und Pullis gab es viel zu entdecken. Dazu Schuhe für jeden Anlass und jede Jahreszeit; an anderen Ständen lockten uns dezente oder auffällig glitzernde Schmuckstücke an. Wir sahen Spielzeug in allen Facetten – von Spielekonsolen bis zu Holzspielzeug – aber auch Weihnachtsdeko, alte und weniger alte Vasen, Bilder und Gemälde, Tonbandgeräte, lederne Kamerahüllen und vieles mehr.

Von neu bis alt – an den Ständen des Stöbermarkts gab es viel zu entdecken.

Obwohl der Himmel grau und der Wind kühl war, schlenderten die Besucher entspannt über den Platz. Besonders gut gefiel mir die entspannte Atmosphäre – die Verkäufer ließen uns in Ruhe die Stände betrachten und niemand pries lautstark seine Schätze an. Meine Mama war besonders von der guten Qualität der Sachen begeistert. „Meinst du, die steht mir?“, fragte sie und hielt eine karierte Hose in den Händen. „Eine Hose für drei Euro – im Geschäft hätte sie mindestens 30 gekostet“, sagte Mama erstaunt. An dem Stand von zwei jungen Frauen hatte sie bereits eine graue Stoffhose und ein gestricktes Shirt gekauft. „Ich frage mich langsam, warum wir eigentlich immer so viel Geld für neue Sachen ausgeben. Wir sollten öfters auf Flohmärkte gehen. “, flüsterte sie mir in der Hoffnung zu, unsere Männer hätten es nicht gehört – ihrer Meinung nach haben wir sowieso schon zu viele Sachen in unseren Schränken.

In der bunten Vielfalt an Bekleidung, Schuhen und Schmuck gab es für Jung und Alt Schnäppchen zu entdecken.

Der Stöbermarkt findet mehrmals im Jahr, sowohl im Freien als auch im Haus, statt. 41 Händler boten auf der großen Parkfläche neben dem Stöberhaus ihre Ware an. Während wir uns über günstige Preise freuen, bekommen die Händler hier die Chance, aussortierte Gegenstände in Geld für Neues umzuwandeln – und den Gebrauchtwaren wird ein zweites Leben ermöglicht.

Diese Gelegenheit wollte auch Juliane Lux nutzen. An ihrem Stand gab es eine große Auswahl an bunter Kinderbekleidung, Schuhen und Spielsachen. „Die Kinder wachsen so schnell. Die Sachen sind nicht oft getragen und noch in einem guten Zustand“, sagte sie. „Hier habe ich die Gelegenheit, den Sachen eine zweite Chance zu geben. Es wäre schade, sie wegzuwerfen.“

An dem Stand von Juliane Lux gab es eine große Auswahl an Kinderbekleidung, -schuhen, Spielsachen und Büchern.
„Andere Eltern freuen sich, schöne Kindersachen auf dem Flohmarkt für weniger Geld kaufen zu können“ – Juliane Lux ermöglicht den Sachen ihrer Kinder dadurch ein zweites Leben.

Durch die Corona-Pandemie konnte jedoch in den letzten Monaten kein Stöbern im Freien stattfinden. Dem Team des Stöberhauses war es erst jetzt durch ein gutes Konzept wieder möglich, einen Stöbermarkt zu veranstalten. Dazu gehörte unter anderem die Begrenzung der Besucher auf dem Platz und ausreichend Abstand.

Durch das Ausgeben desinfizierter Chips konnte die Besucheranzahl begrenzt und das Hygienekonzept eingehalten werden.

Trotz einiger Bedenken im Vorfeld war auch meine Familie nach unserem Besuch begeistert. „Die Leute waren so nett und es war zum Glück nicht so überlaufen“, erzählte meine Mama beim Ausgang und warf ihren Besucher-Chip in das Desinfektionsmittel. Beim Verlassen des Platzes wehte uns der leckere Geruch von Bratwurst und Brätel entgegen, dem wir nicht widerstehen konnten. Nachdem wir unsere Bratwurst gegessen hatten, gingen wir das Stöberhaus erkunden – meine Eltern waren neugierig, was es dort noch zu sehen gibt.

Hygiene war das A und O – auch am Grillstand achten Eric Benker und Colin Stieber auf alle Schutzmaßnahmen.

Bereits zu Beginn unseres Rundgangs waren meine Eltern von der Vielfalt der Möbelstücke begeistert – von klassischen und modernen Sofas mit passenden Sesseln, Vitrinen aus Holz oder mit Glasscheiben bis hin zu Tischen in verschiedenen Größen. Sogar meinen Papa, ein überzeugter Fan moderner Einrichtungsgegenstände, ging mit großem Interesse den Stöberweg entlang. Die beste Abteilung für meine Mama und mich hingegen war die große Bücherecke, in der sie sogar ein ganzes Fach voller Romane ihrer Lieblingsautorin Iny Lorenz entdeckte. Beladen mit drei Büchern beendeten wir dann unseren Rundgang.

„Nehme ich beide?“ – meine Mama, Sandra Stehr, hat in der Bücherecke Romane ihrer Lieblingsautorin entdeckt.

„Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass die Möbel noch so gut aussehen“, meinte Papa. „Und ich bin immer noch stolz auf meine neuen Sachen“, erzählte Mama und lächelte. Auch meinem Freund hat es, obwohl er den ganzen Vormittag lang meine neuen Schlittschuhe trug, sehr gefallen und wir sind uns einig, auch beim nächsten Stöbermarkt auf Schnäppchenjagd zu gehen.

Entstehung des Stöbermarkts

Die Geschichte des Stöbermarktes begann im September vor 13 Jahren mit der Idee, einen Flohmarkt zu schaffen, der nicht nur die Kunden des Stöberhauses anspricht, sondern auch neue „Stöberfans“ anlockt. „Wir wollten einen Flohmarkt mit niedriger Hemmschwelle“, sagt Ivo Dierbach, Referent in der SWE Unternehmenskommunikation.  „Bei uns kommen nicht nur Profis zum Zug, sondern auch unerfahrene Verkäufer können hier erste Erfahrungen sammeln.“ Besonders dieser Mix aus Trödelprofis und Flohmarktneulingen macht den Stöbermarkt aus. Das Konzept kommt dabei nicht nur bei den Verkäufern, sondern auch bei den Besuchern gut an – an diesem Tag besuchten 750 Trödelfans den Stöbermarkt.

Nach dem Schlendern über den Flohmarkt lädt auch das Stöberhaus zum Entdecken ein. Das Stöberhaus ist ein Gebrauchtwarenhaus der Stadtwerke Erfurt Gruppe. Auf einer Fläche von 1500 m2 finden Kunden eine breite Produktpalette – von Elektrogeräten über Möbeln bis hin zu Schallplatten und einer großen Büchersammlung werden alle Wünsche erfüllt. Auch wenn das Stöberhaus einem klassischen Möbelhaus in seinem Aufbau und Sortiment gleicht, haben (fast) alle Gegenstände bereits eine eigene Geschichte, denn sie alle sind aus zweiter Hand.

Fotos: Steve Bauerschmidt & Emely Lea Stehr

Text: Emely Lea Stehr