Es ist 20:00 Uhr. Laternen beleuchten den Betriebshof am Urbicher Kreuz. In den Hallen brennt Licht. Langsam fährt eine Straßenbahn in eine der beiden Abstellhallen. Noch ist die geflieste riesige Halle relativ leer. Das wird sich im Laufe der Nacht ändern. Dann ist sie proppevoll. Bis zu 40 Straßenbahnen stehen dann hier. Sie alle müssen in der Schicht gereinigt werden. Bei den Bussen sind es 60.

Da heißt es schnell sein. Das Reinigungsteam steht schon bereit. Wenn andere gemütlich vor dem Fernseher sitzen oder ins Kino gehen, legen Ramona Seitz, Jana Hintz und Tokhi

Saduzhi erst richtig los — 365 Tage im Jahr, an Feiertagen und Wochenenden.

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Sie sind drei von insgesamt fünf Kollegen der DB Services GmbH, die am Urbicher Kreuz die Reinigung der Fahrzeuge übernehmen: Sie säubern die Busse und Straßenbahnen. Bis 03:45 Uhr geht die Schicht, dann muss alles sauber sein, denn die erste Bahn fährt um 02:30 Uhr schon wieder raus. Doch nicht nur am Urbicher Kreuz, auch im Depot in der

Nordhäuser Straße wird fleißig geputzt.

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»Wir sind die Heinzelmännchen der EVAG«, Ramona Seitz lacht. Seit sechs Jahren arbeitet sie bei der Reinigungsfirma. Im Laufe der Zeit hat sie sich zur Vorarbeiterin hinaufgearbeitet. Heute ist auch Olaf Rühlig vor Ort. Als Bereichskoordinator plant er

die Dienstpläne sowie Materialien und regelt die Abstimmung mit der EVAG.

»Natürlich kann man bei 40 Straßenbahnen in einer Nacht keine Intensivreinigung

machen. Das würde niemand schaffen. Deshalb sind die Reinigungsleistungen getaktet.

»Die Grundreinigung erfolgt aller sechs bis acht Wochen«, sagt er und erklärt: »Das heißt, die Fahrzeuge werden intensiv nass gereinigt, von der Decke über die Seitenwände bis zum Fußboden. Dann wird gewischt. Wir reinigen die Fenster, sprühen die Polster ein und reinigen sie mit der Bürste.

»Täglich gibt es für jedes Fahrzeug — egal, ob Bus oder Straßenbahn eine Trockenreinigung inklusive Säuberung aller Haltegriffe. So ist es mit der EVAG vereinbart und daran halten wir uns auch«, erklärt er.

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Zum Glück sind die Kollegen ein gutes Team. Jeder Handgriff sitzt. Ein bisschen ist es wie am Fließband. Jeder weiß genau, was er zu machen hat. Mit Wischmopp und Doppelfahreimerwagen rücken sie dem Schmutz zu Leibe. Im Winter ist es besonders heftig, wenn die Fahrgäste zuhauf Split und Matsch in die Fahrzeuge tragen. »Die Straßenbahnen haben mehr Kundschaft, da ist es schmutziger«, sagt Rühlig. Aber auch die Busse, die ihre Kreise in der Nähe von McDonald’s ziehen, sind eine Herausforderung. »Eigentlich darf man in den Fahrzeugen ja nichts essen«, Rühlig schüttelt den Kopf. »Und dann lassen sie den Dreck noch auf den Sitzen stehen. Dabei gibt es an jeder Haltestelle Papierkörbe«, sagt er. »Da muss rangeklotzt werden.

Denn pro Straßenbahn hat man für die Trockenreinigung gerade mal 20 Minuten«, sagt er.

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Wenn allerdings der Fußboden klebt oder jemand mit dem Edding unterwegs war und die Seitenwände bekritzelt hat, dann dauert es natürlich länger. »Denn der Dreck muss weg, egal, ob eine Trocken- oder Nassreinigung ansteht. Schließlich sollen sich die Fahrgäste in den Bahnen wohlfühlen«. Olaf Rühlig würde sich aber auch wünschen,

dass die Leute in den Bahnen mehr Acht geben, ihre Kaugummis nicht an die Sitze kleben oder ihre Bananenschalen nicht im Fahrzeug lassen. »Und überall die Aufkleber

von den Fußballfans, das macht es uns nicht gerade einfacher«, sagt er.

Jana Hintz nickt dazu. Sie ist gerade dabei, ein Sitzpolster abzusaugen. Wenig später schnappt sie sich die Sprühflasche, um den Sitz einzusprühen. »Da findet man alles, angefangen von Apfelstücken über Nussschalen bis hin zu fettigen Krapfentüten, vor

allem in der Weihnachtszeit. Wenn man das alles sieht, kann man verstehen, dass ein Essverbot in den Bahnen herrscht«, erzählt sie. Seit 31 Jahren macht die 47-Jährige den Job.

An die Nachtschichten hat sie sich gewöhnt, aber die Zeit für eine Familie hatte sie nie. Wenn sie früh gegen halb fünf nach Hause kommt, kocht sie sich einen Kaffee, schaut die

Nachrichten. Erst dann geht sie ins Bett. »Man braucht die Zeit, um runterzukommen«, sagt sie. Das geht auch Ramona Seitz nicht anders. Doch länger als bis halb zwölf hält es sie nicht im Bett. »Nachmittags schlafe ich dann vielleicht noch ein Stündchen und dann steht auch schon bald die nächste Schicht an«, sagt Ramona Seitz.

Fotos: Steve Bauerschmidt