Morgens um 7.00 Uhr ist die Welt noch in Ordnung, zumindest am Stausee Hohenfelden. Uwe Müller macht das Motorboot klar, um die Reusen und Netze zu kontrollieren. Wir haben Glück. Es ist zwar eiskalt, aber die Sonne scheint und taucht den See in ein glasklares, goldenes Licht. Traumhaft schön!Seit 2006 ist Uwe Müller der Fischer von Hohenfelden, kümmert sich darum, dass der See sein biologisches Gleichgewicht hält. Mit dem Bus der EVAG-Linie 155 lässt sich die Idylle gut erreichen.
Jeden Tag ist Uwe Müller draußen, bei Wind und Wetter, sommers wie winters. Manchmal wird es echt unangenehm, vor allem dann, wenn ihm ein eisiger Wind um die Nase weht, die Hände von der Kälte taub werden. Verzichten möchte er darauf trotzdem nicht. Allein die Ruhe über dem See, das Miteinander von Mensch und Natur ist es wert.

Dabei hat er immer ein Auge auf die Tiere, die vom See leben. Hier kann man Fischreiher und Kormorane entdecken. Die frechen Fischräuber sind auf dem See überall zugange. Vier Tage die Woche startet er am Stausee in den Tag, freut sich, wenn seine Quappen wachsen. Diese Fische hat er vor vier Jahren im See ausgesetzt.

Alles, was er tut, hat seinen Sinn. Uwe Müller führt ein naturverbundenes Leben. Technischen Schnickschnack braucht er nicht. Drei Tage die Woche arbeitet er bei der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie im zoologischen Artenschutz, sichtet
die Bestände von Haselmaus, Biber, Hamster, Fischotter, Wolf, Luchs und Wildkatze. Den Rest der Woche kümmert er sich um den See, seine Fische und die Stedtener Mühle. Dort lebt er mit seiner Frau und der 12-jährigen Tochter. Und das Wichtigste: Er ist zufrieden,
auch wenn er keine Millionen nach Hause trägt.
Zeit verplempern ist nicht sein Ding. Jeder Handgriff sitzt. Sein Tag ist genau durchgetaktet. Uwe Müller ist immer in Bewegung. Die Massenfische wie Barsch oder Plötze werden abgefischt, Raubfische gefördert. Alles, um die Badequalität
im See zu verbessern. In den 1970er-Jahren wurden massenweise Graskarpfen
im Stausee ausgesetzt. »Für die Fischerei war das auf den ersten Blick gut, aber am Ende hat es dem See nicht gut getan, der ursprünglich Sichttiefen von bis zu
zwei Metern hatte«, erzählt er. Der Fischbestand verbuttete, blieb kleinwüchsig. Manche Arten verschwanden ganz aus dem See. Massenweise machten sich Schwebealgen breit. Der See wirkte brackig, die Sichttiefen gingen immer weiter zurück. Teilweise konnte
man nur noch bis zu 20 Zentimeter tief sehen. Heute, elf Jahre nach Änderung
des Fischerei-Konzepts, sind erste Erfolge der sanften Biomanipulation zu erkennen. Der See wirkt klarer. Hecht, Goldforelle, Barsch, Saibling und Aal bevölkern das bis zu fünf Meter tiefe Gewässer.

Die Fische, die er aus den Reusen und Stellnetzen holt, bringt er in die Mühle. Dort setzt er sie ins Wasser, füttert sie, widmet sich der Forellenaufzucht, befüllt den Räucherofen. Im Hofladen können die Besucher den Fisch ganz frisch kaufen. Mittwochs und freitags von 17 bis 19 Uhr ist geöffnet. Es gibt halt immer was zu tun.

Ein Leben, das stark von Arbeit, aber auch von der Nähe zur Natur geprägt ist. Seinen Strom erzeugt Uwe Müller mit Wasserkraft. Das Mühlrad klappert Tag und Nacht. Wärme erzeugt er über Fotothermie. Und wenn es gar zu kalt wird, wirft er die Holzheizung an.

Auf dem Gelände der Stedtener Mühle gibt es viel zu entdecken. Nicht nur die Fischwendeltreppe, die er selbst entwickelt hat. Sie ist ideal für Kindergartengruppen und Schulklassen, die auf Tuchfühlung mit der Natur gehen wollen.

Sogar ein Ilm-Aquarium hat er gebaut. 16 Meter ist die Anlage lang, die im freien Gefälle mit Wasser der Ilm durchströmt wird. Hier hat er die Lebensräume von Forellen, Äschen, Barben und Blei nachempfunden und stellt die darin lebenden Fischarten vor.
Seit 2007 informiert eine kleine Ausstellung über dem Hofladen über die Geschichte der Mühle, aber auch das »Leben am Fluss« mit allen Widrigkeiten: Fischfang damals und heute, die Schrecken der Hochwasser früherer Jahrhunderte und die Eingriffe
des Menschen in den Lebensraum Fluss. Alles ohne erhobenen Zeigefinger, aber dennoch so, dass man die Mühle nachdenklich verlässt.

Mehr zur Stedtener Mühle gibt es hier.
Fotos: Steve Bauerschmidt