Die Straßenbahn ist nicht nur seit mehr als 120 Jahren das pulsierende Herz der Landeshauptstadt, zu verschiedenen Zeiten war sie auch ein wichtiges Arbeits- und Transportmittel. Diese Thema beleuchtet Michael Nitschke in unserem heutigen Histörchen.

Im Tagesgeschäft liegt der Fokus des Betriebsleiters auf den modernen Bahnen und Bussen der EVAG. In der Freizeit dürfen es gern die alten Schätzchen des Erfurter Nahverkehrs sein. Aus seinem Archiv hat er für diesen Beitrag einen besonderen Triebwagen herausgesucht:

Wir springen in das Jahr 1958. Am Bahnhofsvorplatz fährt an der Haltestelle der Linie 4 in Richtung Breitscheidstraße der blaugraue Arbeitstriebwagen 18 auf seinem Weg zum Betriebshof vorbei. 1925 in der Waggonfabrik Weimar gebaut, trug er im Personenverkehr die Nummer 18 und versah ab 1952 seinen Dienst als Gleisbautriebwagen. Die Gleisbauer fuhren darin zur Baustelle, das Material wurde damit vom Gleisbaulager des Betriebshofes Karl-Marx-Allee zur jeweiligen Baustelle transportiert. Beim genaueren Hinsehen kann man auf der hinteren Plattform auch Gasflaschen zum Schweißen erkennen.

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Der Arbeitsbeiwagen 7 im Winter

Die Fahrzeugsituation war schwierig,  jeder Wagen wurde gebraucht. Kraftfahrzeuge und Kraftstoffe waren auch in Erfurt noch immer Mangelware. Straßenbahnwagen wurden häufig und in vielen Verkehrsbetrieben für Arbeitszwecke eingesetzt. Die Vielseitigkeit des Triebwagens war deshalb besonders wichtig. Über die noch vorhandenen Gleiswechsel konnte der Allrounder auch im laufenden Betrieb „beiseite“ genommen oder gewendet werden.

Unser Triebwagen versah bis 1962 zuverlässig seinen Dienst, wurde aber nach einem größeren Schaden ausgemustert und durch einen noch älteren Arbeitsbeiwagen ersetzt: Aus dem schon länger abgestellten Reklamebeiwagen 5 von 1899 wird der „neue“ Schweißwagen 7 rekrutiert, selbstverständlich in der damals in Erfurt üblichen blaugrauen Livree. 1965 wird auch das Ersatzfahrzeug abgestellt und später leider verschrottet.