Historie ist sein Ding, erst recht, wenn es um alte Straßenbahnen und Busse geht. Für uns kramt Michael Nitschke, Betriebsleiter der EVAG, in seinem Archiv:

Wenn wir uns den Triebwagen 68 vor der Lutherkirche auf dem Bild aus dem Jahre 1958 so angucken, dann fallen dem geneigten Betrachter zwei Dinge auf:

An den Seiten zwischen den Fenstern waren die seit den 30er Jahren vorgeschriebenen Fahrtrichtungsanzeiger angebracht, die nicht etwa blinkten, sondern ein rotes Dauerlicht zeigten. Die Beiwagen hatten übrigens keine solchen Lampen.  In dieser Zeit gab es auch keine Bremslichter, es reichte ein nach hinten zeigendes rotes Licht bei Dunkelheit aus.

Und zweitens hat der Triebwagen keine Rückspiegel. Die Rückspiegel wurden erst Mitte der 60er Jahre vorgeschrieben, und nicht etwa zur Beobachtung des rückwärtigen Verkehrs, sondern mit Einführung des schaffnerlosen Betriebes zur Überwachung des Fahrgastwechsels an den Haltestellen. Deswegen haben auch die meisten Triebwagen nur rechts, also auf der Türseite, Rückspiegel gehabt. Linke Spiegel kamen erst auf, als wegen des zunehmenden Straßenverkehrs und der Möglichkeit, in Einbahnstraßen die Bahn auch links zu überholen wenn das rechts nicht möglich war, eine Beobachtung auch links zweckmäßig wurde. Dies traf allerdings nicht auf alle Straßenbahnbetriebe der DDR zu, war also von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich.

Noch ein paar Worte zum Triebwagen: 1926 wurden 10 neue Triebwagen von der Waggonfabrik Weimar geliefert, die ersten neuen Triebwagen nach dem ersten Weltkrieg. Mit ihren 32kW-Motoren waren die Wagen nicht üppig motorisiert, aber zu der Zeit war auch nur das Mitführen eines Beiwagens üblich. Es waren die letzten Triebwagen, in denen es nur Längssitze gab (20), ab den 1930 gelieferten Triebwagen war eine für Erfurt typische Mischung aus Längs- und Quersitzen üblich bis zu den ersten Neufahrzeugen der 50er Jahre.

Ähnliche Triebwagen lieferten die Waggonfabriken in Gotha und Ohrenstein und Koppel nach Jena, Weimar ( dort gab es auch mal eine Straßenbahn ),Gotha und Eisenach sowie an die selbstständige Berliner Hochbahngesellschaft, die wegen einer nicht realisierten Hochbahnstrecke eine Straßenbahn – die sogenannte Flachbahn – betrieb, aber das näher zu beleuchten würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Die Thüringer Wagen wechselte denn auch die Einsatzorte, denn die Weimarer Wagen gelangten wegen der dortigen Betriebseinstellung 1937 nach Jena und Erfurter Wagen nach Mühlhausen, Eisenach und Gera.