Historie ist sein Ding, erst recht, wenn es um alte Straßenbahnen und Busse geht. Für uns kramt Michael Nitschke, Betriebsleiter der EVAG, in seinem Archiv. Und er erzählt in diesem Bericht von einer ziemlich engen Beziehung zwischen Straßenbahn und Langen Brücke…

Immer wieder faszinierend ist der Anblick eine Straßenbahn auf der Langen Brücke. In Anbetracht der schmalen Straße kann man sich heute kaum noch vorstellen, dass der Betrieb dort genehmigt werden konnte. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug bis zum Schluss 8 km/h. Die wurden zunächst nicht etwa wie heute ausgeschildert, sondern jeder Wagenführer musste die zulässigen Geschwindigkeiten auswendig kennen.

Seit 1939 nicht mehr von der Linie 3 befahren, blieb die danach noch von einigen Einsatzwagen genutzte Strecke bis zum Bau des Gleisdreieckes am Hauptbahnhof 1954 für Personalwagen und Materialfahrten zwischen den beiden Betriebshöfen in der Stalinallee (Magdeburger Allee) und in der Nordhäuser Straße in Betrieb. Erst danach wurden die Betriebsfahrten über die Liebknechtstraße – Hauptbahnhof – Anger – Domplatz abgewickelt.

In der Fahrdienstordnung von 1953 wird übrigens wegen des Personalwagens ein zeitweiser Einrichtungsverkehr ausgewiesen: Von 5.15 bis 5.40 und von 0.45 bis 1.15 durfte die Strecke nur aus Richtung Domplatz befahren werden. Diese Regelung dürfte schon länger bestanden haben.

Neben der beengten Verhältnisse dieses Straßenzuges und den problematischen Sichtbedingungen gab es noch zwei weitere Besonderheiten. Die Tragfähigkeit der Brücken ließ nur das Befahren mit kleineren Triebwagen zu und an der Ecke Kettenstraße/Lange Brücke befand sich mit 15m Radius einer der engsten Kurven des Gleisnetzes.

Unser heutiges Bild zeigt den Triebwagen 33, Baujahr 1899, um 1900 auf der Langen Brücke. Erstmals zweimotorig waren die 12 Triebwagen dieses Bauloses von der Waggonfabrik Lindner in Halle-Ammendorf vor allem für den Beiwagenbetrieb gedacht, denn die bisher einmotorigen Wagen hatten mit den angehängten ehemaligen Pferdebahnwagen vor allem auf den Steigungsstrecken im Süden der Stadt ihre liebe Not.