Eine neue Serie auf dem SWE-Blog entführt die Leser in eine der schönsten Ecken Erfurts – auf den Domplatz. Sternekoch Johannes Wallner (das ist der, der im Kaisersaal und Clara die Geschmacksknospen der Gäste verwöhnt) ist hier regelmäßig unterwegs, immer auf der Suche nach frischen Zutaten für sein Restaurant. Und Sie können via Blog dabei sein: Wallner verrät das eine oder andere Rezept, welches Gemüse gerade passt, was man daraus alles machen kann, worauf beim Kauf zu achten ist und von was man lieber die Finger lassen sollte…
„Ich mag den Markt zu Füßen der beiden Wahrzeichen Erfurts“, sagt Wallner, eine echte Puffbohne übrigens. „Kein Platz ist für mich schöner als der hier. Dom und Severikirche, die Marktstraße mit den historischen Häusern als Tor zur Altstadt, die lebendige Mischung von Einheimischen und Touristen, das bunte Treiben zwischen den Marktständen, die Händler aus der Region – das gibt es so nur hier.“
Wallner: „Wenn ich auf dem Markt unterwegs bin, um Zutaten für uns zu holen, dann achte ich darauf, dass es Produkte aus der Region sind. Die haben einen nicht so langen Weg hinter sich wie zum Beispiel Gemüse aus Südeuropa. Und das schmeckt man auch sofort.“
Heute bleibt er vor einem Stand stehen, der neben abgepacktem Brokkoli, Blumenkohl und Möhren auch saisonales Gemüse zu bieten hat: Bärlauch und Mairübchen. „Bärlauch ist eine altbekannte Gemüse-, Gewürz- und Heilpflanze.“ Das Mairübchen, verwandt mit der Speiserübe, wurde schon in der Antike genutzt, vor der Einführung der Kartoffel spielte es, reich an verschiedenen Vitaminen, Mineralstoffen und Eiweiß, eine wichtige Rolle im europäischen Raum.
Vor allem der Bärlauch hat es Wallner angetan: „Bärlauch ist deutlich feiner als Knoblauch – er hat aber trotzdem das gleiche Aroma. Außerdem ist Bärlauch das erste Gemüse, was bei uns wächst. Es sollte möglichst frisch verarbeitet werden, einfrieren ist nicht zu empfehlen“, sagt Wallner.
Frische ist das A und O: „Die Blätter auf dem Stand hier sind genau richtig, man merkt, dass sie frisch gepflückt wurden – sie sind sattgrün, sehr jung und klein ,aber kräftig, verströmen das feine Knoblaucharoma. Vorsicht, wenn dazwischen gelbe Blätter sind oder auch Unkraut gleich mitgeerntet wurde – dann lieber auf den Kauf verzichten.“ Wer das Gemüse selber ernten will: „Dann bitte auf Nachhaltigkeit achten. Also gezielt Blätter pflücken, nicht die Pflanzen rausreißen. Und wenn es geht, nicht kreuz und quer durchs Bärlauchfeld rennen…“
Ist der Bärlauch in der Küche, gibt es unzählige Möglichkeiten, ihn zu verwenden: „Natürlich als Pesto mit Raps- oder Sonnenblumenkernöl“, sagt Wallner, „für Spaghetti, Linguine und Tagliatelle zum Beispiel – schön gestreckt mit Petersilie. Aber auch als Brotaufstrich schmeckt Bärlauchpesto in Butter, genauso in einer Kartoffelsuppe oder mit Sauerrahm verarbeitet.“

So wird Bärlauchpesto besonders lecker:
100 g Bärlauch, 100 g Petersilie, 70 g Pflanzenöl, 50g geröstete Mandeln, 60g Parmesan. Bärlauch und Petersilie von den Stielen befreien und alles zusammen in einen leistungsstarken Mixer geben und langsam Öl einlaufen lassen. Nach Belieben mit Salz abschmecken.
Drei Tipps: „Bärlauch kann so lange geerntet werden wie er steht. Wir verwenden auch die Blüten zu Dekozwecken“, sagt Wallner. Bärlauch möglichst schneiden und nicht hacken, Bärlauchsuppen nicht zu lange warm halten – aus grün wird schnell grau. Außerdem verändern sich bei Hitze die schwefelhaltigen Stoffe, wodurch der Bärlauch viel von seinem charakteristischen Geschmack verliert.

Dem Mairübchen wird übrigens bald eine ganz besondere Ehre zu teil: „Wir wollen ihm in der nächsten Karte ein eigenes Gericht geben“, sagt Wallner. „Vielleicht mit Mohn und Jahrgangssardelle, da sind wir noch am probieren und testen.“
Wem das etwas zu exotisch klingt, der kann das Gemüse, dessen Geschmack ein perfekter Mix aus Rettich und Rübe ist, auch in Salaten verwenden. Entweder auf den Salat hobeln oder das Mairübchen gleich selber zu Salat verarbeiten. Mairübchen eignen sich auch hervorragend als Suppengemüse: „Als I-Tüpfelchen in einer Hühnerbrühe zum Beispiel. Nur nicht zu lange mitkochen lassen.“
„Die Mairübchen, die es zurzeit gibt, kommen noch aus dem Süden. Die sind zwar vom Geschmack her in Ordnung, aber Mairübchen aus Thüringen sind oft eine Klasse besser. Wer das Gemüse kauft, sollte das möglichst saftige Grün dran lassen und erst zu Hause abmachen. Im Kühlschrank halten die Mairübchen zwei, drei Tage. Aber wie immer bei Gemüse gilt: Lange liegen macht’s nicht besser – also am besten an dem Tag kaufen, an dem man das Gemüse auch verarbeiten will.“
Kleiner Tipp: „Mairübchen sollten zu etwas geschmacklich eher Feinem serviert werden, also lieber zu einem Lammrücken als zu Rouladen. Bei Kräftigem geht der Geschmack des Gemüses einfach unter…“