Man will ja mit dem Zeitgeist gehen, aber….
Ich gebe zu, ich hasse sie aus tiefstem Herzen – meine große, formschöne Handtasche, die meine modischen Freundinnen in Begeisterungsstürme ausbrechen lässt. Leider kann ich diesen Enthusiasmus nicht teilen.
Wo ich gehe und stehe, bleibe ich mit meinem Accessoire im aktuellen Modeformat hängen – und wenn es nur der Eingangsbereich eines deutschlandweit bekannten Discounters ist. Auf mein schwarzes windschnittiges Modell ist Verlass – egal, ob ich mit oder ohne Einkaufswagen die Schleuse durchquere. Unweigerlich bleibe ich mit ihm dort hängen, wo sogar noch üppiger proportionierte Hüften problemlos Durchgang finden. Auch Tapeten habe ich auf diese Art schon beschädigt oder Grünpflanzen dezimiert.
In den letzten Tagen und Wochen aber habe ich sie – wenn schon nicht – lieben, so doch zumindest schätzen gelernt. Beim Einkaufen zum Beispiel. Infolge der aktuellen Tütendiskussion hellhörig geworden, habe ich mich darauf spezialisiert, den Tonfall des Verkäufers genau zu analysieren. Denn die Händler befinden sich auf einem sehr unterschiedlichen Stand hinsichtlich der Nachhaltigkeit. So kann die an sich harmlos wirkende Frage „Brauchen Sie eine Tüte?“ alles bedeuten. Angefangen von der Verweigerung der Tüten aus Effizienzgründen, was vor allem beim Bäcker immer mehr um sich greift, bis hin zu taxierenden Blicken hinsichtlich des Umweltbewusstseins des aktuell nervenden Kunden. Im Rahmen persönlicher Studien habe ich ein eindeutig subjektives Ergebnis ermittelt. Immer häufiger bedeutet es: „Vorsicht, das kostet Geld!“. Habe ich die 40 Cent nicht bei der Hand, werfe ich einen prüfenden Blick auf mein leicht überdimensioniertes Handtaschenmodell, das scheinbar unergründlich ist. Und so landen in Null Komma Nichts Blusen, Bücher, Deosprays und andere höchst überflüssige Konsumartikel in meinem Schmuckstück, das hoffentlich nicht so bald kaputt geht. Manchmal allerdings erweist sich die Potter’sche Unergründlichkeit auch als Nachteil: Dann zum Beispiel, wenn ich Monsterbacke’sche Joghurtquetsch-Flaschen in meiner modischen Tasche entdecke, die aus unerfindlichen Gründen ihre Form verändert haben und kurz vorm Platzen sind.