Inzwischen herrscht wieder Ruhe am Stausee Hohenfelden: Die Kettensägen und Bohrmaschinen schweigen. Die Bildhauer haben ihre Koffer gepackt und sind wieder abgereist: ins Erzgebirge, nach Mecklenburg, Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Tschechien und Equador. Was bleibt, ist eine unvergleichliche Woche mit fantastischen Skulpturen, die zum Teil hier in Hohenfelden bleiben. Sie bilden den Anfang des neuen Skulpturenwanderweges.
Da ist Nando Kallweit, der seine eleganten filigranen Figuren überdimensional in Holz haut. Neben seiner stolzen, ägyptisch anmutenden Wächterin wirkt der Riese, der sein Arbeitsleben als Bauingenieur begann, fast klein.

Michael Steigerwald setzt die Gesellschaft an sich in Szene, den steten Wechsel, die Verwerfungen und Verkrümmungen des Miteinanders. Und am Ende baut doch eines auf das andere auf.
Auch Robby Schubert gibt dem Holz ein ganz besonderes Gesicht. Seine Skulptur symbolisiert die unaufhaltsame Veränderung des Seins. Viel erklären will er nicht. Der Betrachter soll sich sein eigenes Bild machen.
Eva Skupin und Thomas Reuter arbeiten gemeinsam an einem riesigen Steinblock aus dem Elbsandsteingebirge. Die beiden sind oft zusammen unterwegs, aber nicht ausschließlich, gestalten Kunst Landschaft, Park und Garten. Sie aus dem Osten, er aus dem Westen, sie für die weichen Formen, er für die harten Kanten.
„Wir ergänzen uns perfekt“, sagt sie und erzählt vom gemeinsamen Schaffen, dass es ein Kampf sein kann, man lernen muss, sich zurückzunehmen, wenn etwas wirklich Gutes entstehen soll.

Tom Kùs war erst mal mit Volker Sesselmann, dem künstlerischen Leiter des Symposiums, auf einem Schrottplatz in Erfurt, um sich mit Materialien einzudecken. „Unglaublich, woraus der Mann seine Skulpturen baut, die unscheinbarsten Dinge verarbeitet er zu etwas Großartigem“, bringt es Volker Sesselmann auf den Punkt. Von ihm stammt der Deichgraf von Hohenfelden, der schon seit einiger Zeit bei Hans am See aufs Wasser schaut.

Kerstin Vicents Arbeiten zeichnen sich durch eine reduzierte Formensprache aus. Sie gestaltet eine Bank aus Eiche, begrenzt von sechs Figuren, darunter ein Liebespaar, eine Familie, ein Kind, ein Wolkengucker. „Wanderer können sich einfach dazusetzen, dann ist man nicht so allein“, sagt sie.
Auch Ricardo Villacis aus Ecuador, inzwischen lebt und arbeitet er in Deutschland, arbeitet an einer Bank. Sie besticht durch die sehr feine Bearbeitung und eingearbeitete maritime Figuren.
Hans-Peter Mader ist von Haus aus Keramiker und Plastiker. Er wohnt gleich um die Ecke, in Hohenfelden. Zum Symposium hat er sich von seinem geliebten Werkstoff Ton verabschiedet und gestaltet einen Wasserläufer aus Edelstahl. Die Skulptur soll – wenn alles klappt – später direkt im See stehen und sich im Wind bewegen. Solarzellen sorgen für Licht in der Dämmerung.
Es herrscht eine kraftvolle Atmosphäre am See, aber auch Traurigkeit. Denn einer fehlt, reißt ein Loch in die Truppe. Wolfgang Schott. Ein Mann, der aus dem gleichen Stoff geschnitzt schien wie das Holz, das er so liebte. Vor zwei Monaten ist er ganz plötzlich an einem Herzinfarkt verstorben.

Wolfgang Schott hatte die Idee zu Erna, einer Statue, die den Stausee Hohenfelden an seinem spitzen Ende zieren soll. Dafür wurde im Februar eine gewaltige Douglasie nur wenige Meter vom See entfernt im Wald gefällt.
Tim Weigelt, Bildhauer aus Jena, ist gerade dabei, Erna zum Leben zu erwecken und damit auch ein Zeichen für den verstorbenen Künstler zu setzen.

Bis zum 29. September läuft das Symposium noch. Geplant ist, einige Stücke zu versteigern, andere sollen den Anfang für einen künstlerischen Rundweg um den Stausee Hohenfelden machen.

Die Idee dazu hatte Hans Marcher. Wer ihn kennt, weiß: Er ist ein Macher. „Nichts Halbes und nichts Ganzes, lieber richtig“, ist seine Maxime. „Die Idee dazu kam mir schon vor einer ganzen Weile, als ich an der Ostsee war“, sagte er und erzählt von einer wunderbaren Tradition in Zinnowitz. „Seit Jahren treffen sich dort Bildhauer und gestalten Figuren aus den verschiedensten Materialien. Viele davon stehen noch heute dort, in einem wunderbaren Skulpturenpark am Meer. Alle paar Meter entdeckt man etwas Neues“, erzählt er. Eine Figur hatte es ihm besonders angetan: ein Tourist, der aufs Meer blickt. „Als ich genauer hingeschaut hab, dachte ich, das kann ja nicht wahr sein. Die Skulptur war von Volker Sesselmann, einem Künstler aus Steinach. Das ist ja bei uns in Thüringen. In der gleichen Nacht hab ich ihm noch eine E-Mail geschickt“, sagt er.

Aus der ersten Kontaktaufnahme wurde mehr. Unter anderem der Deichgraf von Hohenfelden, eine tonnenschwere marmorierte Sandsteinfigur, die heute auf Hans‘ Terrasse steht. „Das Schöne daran, man kann sie aus vielen Blickwinkeln betrachten, direkt vom Grundstück, aber auch vom Ufer aus“, sinniert er.
Natürlich blieb es nicht bei der einen Figur. Das sähe Hansi, wie ihn seine Freunde nennen, nicht ähnlich. Im Gespräch kamen sich die beiden näher. Und Hans Marcher dachte: „So ein Symposium bei uns am See, das wär doch eine schöne Sache. Schon jetzt kann man hier eine Woche Urlaub machen und jeden Tag etwas Neues rund um Hohenfelden entdecken. Das würde die Erlebnisregion weiter beleben.“ Gesagt, getan. Mit Volker Sesselmann als künstlerischem Leiter machte er sich ans Werk, holte viele Partner und Sponsoren ins Boot, allen voran die SWE Energie GmbH. Über ein Jahr liefen die Vorbereitungen. Und wer weiß, vielleicht ist es ja nur das erste von vielen Bildhauer-Symposien in Hohenfelden…


Ein Gedanke zu “Bildhauer in Hohenfelden”