„Ach gucke Hasi, die hatten wir och mal! Weßte noch?“ Diesen Spruch hörte man jetzt öfters im Atrium der Erfurter Stadtwerke. Hauptgrund ist die WM 66. Die Bezeichnung WM steht für Wellenradwaschmaschine. Die weite Verbreitung der WM 66 machte sie zu einem der bekanntesten Elektrohaushaltsgeräte in der DDR. Hersteller war der VEB Waschgerätewerk Schwarzenberg – Betrieb des Kombinates Haushaltsgeräte.
Aber warum steht da eine DDR-Waschmaschine im Atrium der Stadtwerke rum? Die Erklärung ist einfach. Das Atrium der Stadtwerke ist eine begehrte Ausstellungsfläche und diesmal nutzte dies der Verein Elektromuseum – Thüringer Museum für Elektrotechnik Erfurt e.V. – ein gemeinnütziger Verein mit dem Ziel das reiche technisch-kulturelle Erbe im Freistaat Thüringen und darüber hinaus zu bewahren. Seit 2012 ist das Museum bemüht sich um einen neuen Standort in der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt. Derweil gibt es temporäre Ausstellungen aus dem reichhaltigen Fundus, wie hier in den Stadtwerken. Stadtwerke passen hier gut: Das Kochen mit Strom wurde noch in den 20ern von den Stadtgas oder Holz und Kohle gewöhnten Hausfrauen abgelehnt. Erst umfangreiche Werbeprogramme der Energieversorger mit Beratungsstellen für Elektrogeräte und Lehrküchen sollten dann den Hausfrauen die Scheu vor dem elektrischen Kochen nehmen.
Aber zurück zur WM 66: legendär ist ihre Fähigkeit, mehr als nur Wäsche sauber zu bekommen. Die Alleskönnerin diente auch mal zum Erhitzen von Bockwürsten und Klößen, schließlich konnte sie Wasser zum Kochen bringen. Sogar zum Maischen und Würzekochen beim Bierbrauen im Heimbereich ist sie gelegentlich noch heute in Gebrauch. Deshalb muss man bis zu 200 Euro bei ebay Kleinanzeigen für eine gut erhaltene WM 66 ausgeben. Eins konnte sie nicht – schleudern. Dafür war die Tischschleuder TS 66 die passende Ergänzung. Vorteil: Die Tischschleuder war in der WM 66 verstaubar. Nachteil: Die Tischschleuder neigte bei Betrieb zum Wandern. Natürlich ist auch sie Teil der Ausstellung. Meine Mutter hat damit gute Thüringer Kloßmasse geschleudert. Soviel zur Doppelnutzung.

Auch andere Exemplare wie den DDR Fön Haartrockner Typ LD7 Stabform oder das nicht minder als die WM 66 berühmte Rührgerät RG 28. In vielen Haushalten Ostdeutschlands ist der legendäre AKA electric RG 28 noch immer der heimliche Star in der Küche. RG steht für Rührgerät, die „28“ für den 28. Entwurf. Produziert wurde der Rühr- und Mix-Profi von einem Ableger des VEB Elektrogerätewerkes Suhl in Zella-Mehlis. Viele Haushalte nutzen das betagte Multifunktionsgerät seit über 40 Jahren. Es funktioniert unbeirrt und sein Alter sieht man ihm oft nicht an. Einst wurde das Gerät laut TGL-Norm über Monate geprüft und musste Langzeittests absolvieren. Das zahlt sich bis heute aus. Das RG 28 war sogar Star in einem Kinofilm. Eigentlich fast zu schade für ein Museum.
Andere Exemplare der Ausstellung dürften den Besuchern, auch den ältesten, nicht so bekannt sein. So zum Beispiel eine alte Miele-Waschmaschine aus dem Jahr 1910, die eigentlich eine modifizierte Buttermaschine ist. Eher ein Exot ist der Krawattenbügler aus den 60ern. Zu den vielen weiteren interessanten elektrischen Haushaltshilfen gehört ein elektrischer Stopfpilz der Marke AEG – auch Stopflicht genannt. Dieser wurde während des Zweiten Weltkriegs hergestellt und sollte das Stopfen von Strümpfen und anderen Kleidungsstücken erleichtern. Die Gebrauchsanleitung erklärt: „Es erleichtert die Stopfarbeit, weil das Gewebe von Innen durchleuchtet und die Beschädigung besser erkannt wird. Der Stopfpilz konnte, wie es in der Gebrauchsanweisung heißt, auch als „Handlampe, besonders während der Verdunkelung“, genutzt werden. Erfunden hat den Stopfpilz angeblich Konrad Adenauer, dem die AEG jedoch das Patent entzogen haben soll. Beweisen lässt sich das nicht.
Die weiteste Reise unternahm ein Herd aus den USA, der wohl so beliebt war, dass er beim Umzug nach Europa mitgenommen wurde. Also, in der Ausstellung schlummern viele Geschichten und Geschichte.
Möge der Verein bald Räumlichkeiten für eine Dauerausstellung finden. Denn die Exponante sind nur ein kleiner Ausschnitt aus der umfangreichen Elektrogeräte-Sammlung.
Die Ausstellung ist während der Öffnungszeiten noch bis zum 9. April 2019 zu besichtigen. Der Eintritt ist frei.
SWE Atrium, Magdeburger Allee 34. 99086 Erfurt
Ein Gedanke zu „Elektromuseum: Mit der Waschmaschine Klöße kochen – Die Ausstellung“