Ein Duft gemischt aus Zimt, Vanille und anderen winterlichen Gewürzen erfüllt die Wohnung von Martina Riedel, als ich diese betrete. „Die Lebkuchen sind gerade im Ofen“ empfängt sie mich lächelnd, während ich meine Schuhe ausziehe. Super, dann kann ich das ofenwarme Gebäck sicher bald verkosten, freue ich mich vorschnell. Doch zunächst muss ein hübsch arrangiertes Bild von den Köstlichkeiten gemacht werden. Auf ihrem Instagram-Kanal mariesfoodlove teilt Martina Riedel, Mitarbeiterin bei der SWE Energie, ihre Rezepte und Bilder davon mit ihren Followern – sie ist eine sogenannte Foodbloggerin.

Klein, schmal und schlauchartig – so würde ich die Küche beschreiben, in der die 1,85m große Foodbloggerin täglich werkelt, kredenzt, experimentiert. Und das so häufig, dass der Platz auf Arbeitsplatte und Regalen mittlerweile nicht mehr ausreicht. Deswegen expandierte sie ihre Ablagemöglichkeiten nach oben. Hängeregale in mehreren Etagen bieten Raum für ihr Sammelsurium an Küchenutensilien, wie Backformen, Silikonförmchen, Löffel und Zutaten. Sie holt das Gebäck aus dem Ofen. Jetzt müssen sie noch abkühlen. Die Lebkuchen bäckt Martina nach eigenem Rezept – völlig sündenfrei und absolut gesund. Denn ihre Rezepte sind Low Carb – also mit wenig bis gar keinen Kohlenhydraten. Low Carb ist nicht nur eine Art sich zu ernähren, sondern auch eine Einstellung zum bewussten Konsum.

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Martina verarbeitet geschmolzene Schokolade zu Pralinen.

Eigentlich kennen meine Kollegen und ich Martina als Vertriebsassistentin bei der SWE Energie. Sie überwacht Terminkalender, organisiert, plant und ist Ansprechpartnerin in allen Belangen. Doch nach der Arbeit schlägt ihr Herz für zwei weniger pragmatische Hobbies: Sport und Low Carb Rezepte. Und wie kam Martina dazu? Knapp 90 Kilogramm – das sprach die Waage und machte Martina unglücklich. Sie wollte abnehmen, ging in den Sportpark Johannesplatz und ließ sich einen Trainingsplan erstellen. Nach den anspornenden Worten eines Trainers: „Martina, mach doch mal Bankdrücken!“, entdeckte sie das Krafttraining für sich. Kniebeugen mit Langhantel, Schulterdrücken (Military Press) oder Bizeps-Curls geben ihr heute die nötige Herausforderung. Seit fünf Jahren geht sie dreimal die Woche zum Training.

Gesunde Ernährung für sportliche Leistung

Damit der Körper genug Leistung erzielen kann, ist eine proteinreiche Ernährung wichtig.  Sie begann sich zu informieren über eiweißreiche Kost, Kohlenhydrate und gesunde Lebensmittel, experimentierte, kostete und entdeckte die Low Carb-Ernährung für sich. Orientierung gab Martina der Ernährungskreis nach Patrick Heizmann. Seit viereinhalb Jahren kommt sie nahezu ohne Kohlenhydrate aus. Dass das nicht von jetzt auf gleich geht, betont sie dabei auch. „Ich habe zunächst mit einem perfekten Tag ohne Kohlenhydrate begonnen und  das dann langsam auf mehrere Tage die Woche erweitert. Natürlich kann man nie ganz auf Kohlenhydrate verzichten. Aber ich versuche nicht mehr als 100g am Tag zu mir zu nehmen.“ Auf einiges Obst (Bananen, Äpfel, Südfrüchte) müsste man unter anderem verzichten, wenn man Null Carb erreichen möchte. Low Carb-Essen ist ein super Energielieferant und verringert gleichzeitig Pölsterchen. Hat der Körper keine Kohlenhydrate zu verbrennen, greift er auf die Fettreserven zurück.

Das Zutaten-Spektrum von Martina klingt seither ungewöhnlich: Johannisbrotkernmehl, Guarkernmehl, Flohsamenschalen, Quinoa-Flocken oder Weinstein-Backpulver. Wie die reagieren und wirken hat sie nach einigem Üben und Probieren herausgefunden. Als Vorlage für eigene Rezepte dient das alte Backbuch der Mutter von 1956. Dort allerdings Anti-Low Carb mit Weizenmehl oder Stärke. Das rechnet sie um: beispielsweise 100g Weizenmehl sind durch 80g Mandelmehl oder 60g Kokosmehl ersetzbar. Birkenzucker lässt sich eins zu eins umrechnen. „Ist das nicht alles ganz schön teuer?“, frage ich. „Das stimmt, ich würde aber sagen, dass man dadurch beginnt, sich bewusster zu ernähren. Ich weiß genau, welche Zutaten in dem Gericht sind, was sie wert sind und welche Wirkung sie auf meinen Körper haben“, erhalte ich prompt als Antwort.

Weiter zu den lecker duftenden Lebkuchen: Die abgekühlten „Teilchen“ verziert sie jetzt mit Schokolade. Ich bin erstaunt, dass Schokolade bei Low Carb-Bäckern erlaubt ist. „Ja“, sagt Martina. „30g zuckerfreie Schokodrops und 3g Kokosöl verzieren jedes Gebäck und haben kaum Kohlenhydrate“. Doch Vorsicht: weiße Schokolade klumpt schnell, wenn sie nicht wohltemperiert ist. Wir verquatschen uns und dann passiert genau das: die Glasur hat keinen gleichmäßigen Schmelz. Schnell ist eine neue Glasur hergestellt, die Klumpenschokolade wiederum kommt in eine Silikonform und wird zu Pralinen gekühlt. Mich würde das nicht stören, doch Martinas Qualitätsanspruch an sich selbst ist hoch. Das Auge isst schließlich mit.

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Das Anrichten des köstlichen Gebäcks kann ein wenig dauern – solange, bis es in Martinas Augen perfekt aussieht.

Instagram als Rezepte-Plattform

Mariesfoodlove – so heißt Martina Riedels Instagram-Kanal mit über 850 Abonnenten. Seit eineinhalb Jahren postet sie hier mehrmals wöchentlich ihre Rezepte; untermalt von schön arrangierten Bildern des Kredenzten. Dafür dekoriert sie und richtet das Essen optisch verlockend an. Ihr ist wichtig, dass die Bilder bis ins Detail stimmen, dass sie leuchten und Appetit machen. In einer Ecke ihres Wohnzimmers steht ein Karton mit einer weißen Küchenfront. Darüber ragt ein semiprofessioneller Fotobox-Lampenschirm mit Licht. Eine Stubenlampe ergänzt das Lichtspektrum. Auf einem Brett richtet sie ihr Essen an, verteilt Streumaterial und achtet auf die perfekte Ausleuchtung. Mit dem Handy in der Hand kniet die Erfurterin vor dem Stilleben, fotografiert, überprüft, arrangiert neu, verschiebt Dinge, fotografiert erneut. Manchmal dauert es ewig, bis ihr ein Foto gefällt, sagt sie, manchmal geht es schnell. „Ich habe vorher immer noch keine genaue Vorstellung, wie es am Ende aussehen soll. Das kommt immer erst beim Anrichten.“

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Nach dem Fotografieren wird das Bild noch bearbeitet, bevor es auf ihrem Account online geht.

Winterlich weihnachtlich soll die Deko für die Lebkuchen sein. Deswegen werden Zimtstangen und Anissterne dazu gelegt werden. Abschließend rieseln ein paar Kunstschneeflocken über die Fläche und dann geht das Bild durch die Qualitätskontrolle. Mithilfe eines Bildbearbeitungsprogramms wird noch die Helligkeit angepasst, ein entsprechender Filter macht das Bild lebendiger, bevor es online geht. Bis zu 300 Likes erzielen Martinas Rezepte, die Kommentare zeigen Begeisterung, manchmal wird sie auch „repostet“. Vom Follower kaufen oder Geld in einen solchen Account investieren hält sie gar nichts. Dann vergeht der Spaß bei der Sache und das Hobby würde zum Zwang.

Lebkuchen
Nach langem Anschauen darf ich endlich probieren. Mein Urteil: würzig, kernig, einfach lecker. Ich will mehr!

Hier gibt es das Rezept für den gesunden und etwas anderen Energielieferanten „Low Carb Lebkuchen“:

Lebkuchen (15 Stück)

Zutaten:
100 g Mandelmehl
60 g Kokosmehl
100 g gemahlene Mandeln
50 g Rohrohrzucker-Ersatz
50 g Birkenzucker
2 Eier
1 TL Weinstein-Backpulver
½ TL Ceylonzimt
½ TL Lebkuchengewürz
Zitronenabrieb, gemahlene Vanille (alternativ Aroma)

100 g Chocolate-Drops, Zartbitter oder Vollmilch (ohne Zucker)
5 g Kokosöl
15 ganze Mandeln

Zubereitung:
Den Backofen auf 180 °C Umluft vorheizen.

Die Eier mit den beiden Zuckern und den Gewürzen schaumig rühren. Die Mehle, gemahlene Mandeln und das Backpulver vermischen und unter die Ei-Masse rühren. Den Zimt und alle anderen Gewürze hinzugeben.
Anschließend den Teig in Frischhaltefolie wickeln und für 1 Stunde im Kühlschrank parken. Danach den Teig portionieren und zu Kugeln rollen. Diese dann platt drücken (fingerdick). Die Lebkuchen ca. 10 Min. backen.

Die Chocolate-Drops mit dem Kokosöl schmelzen und damit die erkalteten (!!!) Lebkuchen bestreichen. Auf jeden Lebkuchen eine Mandel in die Mitte geben. Dann die Schokoglasur auskühlen lassen.

P.S.: Da einige Zutaten relativ teuer sind (1 kg Mandelmehl kostet beispielsweise 13€) könnt ihr das Rezept auch No Low Carb nachbacken. Nehmt statt Mandel- und Kokosmehl einfach 240g Dinkelmehl. 50g Rohrohrzucker ersetze man durch 50g Rohrzucker und Birkenzucker durch 50g normalen Zucker. Statt Chocolate-Drops nehme man Bitter- oder Vollmilchschokolade.

Nusstaler
Das Rezept für diese tollen Nusstaler findet ihr ab jetzt auch als City Card. Also Augen offen halten, einsammeln und nachbacken!

Fotos Martina (3): Ivo Dierbach

Fotos von Plätzchen und anderen Leckereien: Martina Riedel /martinasfoodlove