Knapp drei Monate war die alte Geschützcaponniere im egapark komplett in Handwerkerhand. Fliesenleger, Elektriker, Gas- und Wasserinstallateure, Tischler und Maler gingen ein und aus. Karfreitag öffnet das Restaurant im historischen Gemäuer erstmals wieder. Betrieben wird es künftig von der Lebenshilfe Erfurt SERVICE gGmbH – einem Inklusionsunternehmen.

Das historische Gebäude hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Fertiggestellt wurde es im 19. Jahrhundert, als Erfurt zu Preußen gehörte. Die ehemalige Geschütz-Caponniere ist als „Südliche Seiten-Caponniere“ Teil der denkmalgeschützten preußischen Zitadelle Cyriaksburg. 1829 wurde sie aus Naturstein- und Ziegelmauerwerk errichtet und ist nahezu unversehrt erhalten. Seit den 1950er-Jahren wird das Gebäude als Restaurant genutzt.
Das Inklusionsunternehmen hat große Pläne mit dem Objekt. Seminare sollen hier stattfinden, Hochzeiten und andere Feste können hier gefeiert werden. Hauptgeschäft aber wird der Restaurantbetrieb. Täglich von 11 bis 19 Uhr können Gäste sich hier verwöhnen lassen.
„Wir wollen nicht nur die Tagesgäste des egaparks, sondern auch die Erfurter mit unseren Angeboten erreichen“, sagt Holger Lehmann, stellvertretender Geschäftsführer der Lebenshilfe Erfurt SERVICE gGmbH, und schaut sich prüfend um. Gemeinsam mit Karsten Rost von Südseite Architektur überprüft er den Stand der Bauarbeiten. „Wir haben versucht, den Charakter des Gebäudes mit Licht zu würdigen und Akzente zu setzen“, erläutert Architekt Karsten Rost.

Das Gebäude ist nicht wiederzuerkennen. Im Gastraum dominieren helle Eichentöne. LED-Lichtbänder sorgen für eine stimmungsvolle Atmosphäre und lassen die Räumlichkeiten größer erscheinen. Die Beleuchtung lässt sich dimmen – je nach Stimmung. Drei Farbtöne dominieren im Restaurant: Der warme Eichenton der Sitzecken harmoniert mit anthrazitfarbenen Akzenten, die an die alten Kanonen erinnern. Sie finden sich in den Aufhängungen der Bernsteinglaslampen und im rutschfesten Vinylbelag wieder. Kamin und Bar strahlen in einer hellen Leinenoberfläche.

Durchdacht sind auch die Sitzecken in den Natursteinnischen. Zwei lassen sich mit wenigen Handgriffen in Buffettische umbauen. Und auch der egapark findet sich in der Caponniere wieder. An jedem Sitzplatz blühen Blumen und andere Pflanzen – je nach Jahreszeit. Die Pflanztöpfe sind direkt ins hölzerne Interieur integriert. Akustikdecken mit integrierter Beleuchtung dämpfen Geräusche und sorgen für einen angenehmen Klang. Sogar an die Audiotechnik für einen DJ, der zu Festen auflegt, wurde gedacht.
In knapp drei Monaten wurde das historische Gebäude komplett umgestaltet – eine Wahnsinnsleistung, die nur durch das sehr gute Miteinander der beteiligten Firmen möglich war, sagt Karsten Rost, der auch die Zusammenarbeit mit dem egapark lobt. „Und auch in Mark Escherich vom Denkmalschutz hatten wir einen sehr guten Partner“, betont er. Wir, das sind Karsten Rost und Anja Wandt. Gemeinsam haben die beiden Architekten die Ideen zur Umgestaltung der Caponniere entwickelt und die Bauarbeiten begleitet.

In der Küche wurde in Abstimmung mit Chris Lange, Betriebsleiter des egaparks, Gussasphalt verlegt, Abwasserrohre wurden erneuert. Die Verteilerkästen wurden ausgetauscht, Kabel neu verlegt. Auch die Toilettenanlage ist neu. Die Sanierungskosten übernahm der egapark.


Die Inneneinrichtung wird von der Lebenshilfe Erfurt SERVICE gGmbH gestellt. Hier wurden über 360.000 Euro investiert. Geld, das in Teilen aus Investitionszuschüssen des Integrationsamtes besteht, um weitere Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu schaffen.
„Die Zusammenarbeit war sehr gut, auch mit den Handwerkern. Alle haben an einem Strang gezogen“, freut sich Holger Lehmann.

Auch Robin Kögel, der neue Küchen- und Restaurantleiter, kommt aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. „Die Küche verfügt über modernste Geräte. Highlight ist unser VarioCooking Center. Damit kann man ganz wunderbar Brühen und Saucen zaubern. Sie sind das Herzstück einer Küche“, sagt der 35-jährige Küchenmeister, der auf regionale Speisen, aber auch auf kleine Finessen setzt.
Hier wird z. B. „Das Blonde“ ausgeschenkt, ein Bier aus einer kleinen Thüringer Brauerei bei Menteroda. Maximal 10 Hauptgerichte sind geplant, dazu Vorspeisen, Desserts und Salate – je nach Jahreszeit. Angefangen vom Bärlauchcremesüppchen mit geschäumter Haselnuss über Mangoldsalat mit karamellisierten Äpfeln bis hin zu mediterraner Pasta oder saftiger Rinderroulade. „Wir setzen auf ein breit gefächertes Angebot“, sagt Robin Kögel.
Vier Fachkräfte arbeiten in der Caponniere, zwei in der Küche, zwei im Service. Dazu ein Auszubildender mit Behinderung. „Wir wollen Perspektiven bieten, weg von der bloßen Beschäftigung und Menschen mit Beeinträchtigung ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen“, erklärt Holger Lehmann das Prinzip der Lebenshilfe.
Und wenn die Caponniere fertig ist, startet schon fast die nächste Baustelle. Denn auch das ehemalige Gästehaus im egapark wird zukünftig von der Lebenshilfe Erfurt SERVICE gGmbH betrieben.
Einen ersten Eindruck von der Atmosphäre gibt es per Video.