Seit 1554 wird hier gelernt. Knaben aller Klassen und Schichten wurden hier in der Kunst der Rhetorik, in alten Sprachen, Logik, Religion und Musik unterrichtet. Doch die Ursprünge der barocken Klosterschule Roßleben gehen noch viel weiter zurück. Bereits 1140 entstand hier – unweit der Unstrut – ein Kloster. Eine Urkunde von Papst Innozenz II. aus dem Jahr 1142 gibt darüber Aufschluss. Ein Schatz, der auch heute noch im Tresor der Schule schlummert. Im Zuge der Reformation wurde das Kloster um 1540 aufgegeben. Der Schirmvogt, Ritter und Doktor beider Rechte, Heinrich von Witzleben, gründete 1554 mit Unterstützung von Georg Fabricius in dem ehemaligen Kloster eine Knabenschule für zunächst 60 Schüler. Ganz im Sinne Martin Luthers sollte sie „eine Schule für alle Befähigten“ werden, unabhängig von der sozialen Herkunft ihrer Schüler.
Von Beginn an verfolgt die Stiftung der Klosterschule Roßleben das Ziel, jungen Menschen eine Erziehung und wissenschaftliche Bildung ohne Rücksicht auf den sozialen Stand der Eltern in einer weltoffenen, demokratischen Gemeinschaft und nach christlichen und humanistisch-ethischen Grundsätzen zu ermöglichen. Das Landgut versorgte sich weitestgehend selbst. Arme und wohlhabende Schüler saßen auf der gleichen Schulbank und wurden zu aufrechten Demokraten erzogen. Das war 1554 so, als die Familie von Witzleben die Schule gründete. Das ist auch heute noch so. Tradition und Moderne verbinden sich hier aufs Angenehmste, denn in dem barocken Ensemble setzt man auf moderne Lehrmethoden.

Seit diesem Schuljahr gibt es die ersten Klassen, die ihre Schulbücher gegen Tablets eingetauscht haben. Die Schule wächst seit Jahren. Nicht nur Kinder aus dem Ostteil des Kyffhäuserkreises lernen hier, auch aus dem südlichen Sachsen-Anhalt kommen die Schüler, schätzen die Atmosphäre, die Bildungsqualität, das Miteinander. Damit die tägliche Anfahrt problemlos klappt, arbeitet die Schule mit verschiedenen Taxi-Unternehmen zusammen.

Sogar ein Tagesinternat hat Kjell Eberhardt, Geschäftsführer der Klosterschul-Stiftung, aufgebaut, mit Hausaufgabenbetreuung und Freizeitangeboten.

Über 380 Schüler bereiten sich in der Klosterschule Roßleben auf ihr Abitur vor, knapp 100 kommen von weiter her, aus Saarbrücken oder Flensburg, Leipzig, Berlin oder Dresden, auch aus Thüringen. Sie wohnen im Internat. Die größeren im Haus Aquila, die jüngeren im Schulgebäude.
Die Erlebnispädagogik spielt in Roßleben ebenfalls eine große Rolle. Ergänzend zum Unterricht gibt es Trekking-, Rad- und Kanutouren. Hier werden nicht nur ganzheitliche Lernziele anvisiert, hier lernen die Schüler auch, Verantwortung zu übernehmen. Soziale Kompetenzen und Werte werden vermittelt.
Über 40 Gilden gibt es hier. Angefangen von Basketball über Rugby bis hin zu Ballett und Hockey, Reiten und Rudern. Aber auch kreative Gilden erfahren großen Zuspruch: Theater, Chor, Instrumentalensemble. Sogar eine Dirigentenausbildung gibt es hier – mit Unterstützung der Musikhochschule Franz Liszt aus Weimar.

Auch für Virginia spielt Musik eine große Rolle. Sie spielt Klavier. Lara nimmt Gesangsunterricht. Hagen hat sein Herz an die Geschichte der Klosterschule verloren. Er arbeitet im Archiv.

Hier ist er ganz in seinem Element und weiß so manches zu berichten: vom 30-jährigen Krieg, in dessen Folge die Schule über mehrere Jahre geschlossen werden musste, von den Preußen, die sich hier nach der Schlacht von Jena-Auerstedt ihre Wunden leckten, von der NS-Zeit und dem Widerstand von Lehrern und Schülern dagegen und von den Opfern, die dafür gebracht wurden. So wurden sechs Absolventen der Klosterschule und ein Mitglied der Stifterfamilie wegen ihrer Beteiligung am Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 verhaftet und in Berlin-Plötzensee ermordet. Ein ganzer Raum des Archivs ist ihnen gewidmet.
Viele alte Schätze lagern hier, nicht nur die Gründungsurkunde des ehemaligen Klosters, auch der Schutzbrief von Kaiser Friedrich Barbarossa aus dem Jahr 1174 ist nach wie vor in Besitz der Schule.

Mehr zur Klosterschule gibt es hier.
Mehr zum Beitrag im SWE Journal 04/2017, Seite 18-21, gibt es hier.
Fotos: Steve Bauerschmidt