Wer hätte das gedacht? Ein Interview mit Stibbe ist schwer zu kriegen. Ausgerechnet der Kinderbetreuer von Schloss Einstein hat niemals Zeit. Warum das so ist? Das haben wir uns auch gefragt.
Eigentlich war das Interview mit Stibbe ja schon im egapark geplant. Aber irgendwie kam es nicht dazu. Wie Phoenix aus der Asche tauchte er kurz auf und war wenig später schon wieder weg. Also treffen wir uns im alten Schauspielhaus. Hier ist er am liebsten. „Der Drehort ist authentisch und nicht aus Pappe, anders als im Studio.

Das Haus hat Atmosphäre, auch wenn es lange leer stand“, sagt er. Draußen ist es kalt und regnerisch. Tee geht heute besonders gut am Imbisswagen. Die Kälte kriecht schnell in die Knochen, egal ob Darsteller, Kameramann oder Beleuchter. Während die Hauptdarsteller vor der Kamera einer kleinen Katze nachstellen, sitzen wir im Warmen – zum Glück. Es ist nur ein kleiner Raum, aber er ist gemütlich eingerichtet. Eine Couch steht auf einem kleinen kuscheligen Teppich. Überall stehen Brettspiele herum. An den kargen Wänden hängt ein Bild von Super-Stibbi. Auf die kraftvolle Statur von Superman haben die Kids seinen Kopf geklebt. „Das haben mir die Kinder voriges Jahr zur Hochzeit geschenkt“, erzählt der 46-Jährige.
Überall hängen Zeichnungen, die in den Drehpausen entstanden sind. Urlaubskarten, sogar Briefe von Ehemaligen hängen hier – alles für Stibbe. Von Ruth Schönherr (spielte Li-Ming Schumann) zum Beispiel oder auch von Marie Borchardt (Pippi Pigalke). Gern kommen sie immer mal wieder vorbei, um ihren Stibbe ganz fest zu drücken. Wie es aussieht, ist der Kinderbetreuer der geheime Star hinter den Kulissen von Schloss Einstein.

Auf die Frage, woher er seinen Spitznamen hat, grinst er. „Das ist mein Name: Steffen Stibbe“, sagt er und flitzt schon wieder weg. Eine Szene ist beendet und er muss mal schnell nach Hanna-Sophie Stötzel (Nele) sehen. Woher er das weiß, obwohl wir im kleinen Kämmerlein sitzen? Das Funkgerät hat es ihm verraten. Es ist sein ständiger Begleiter. Damit weiß er immer, was gerade wo abgeht, auch wenn er mal nicht direkt am Set ist. Das muss er auch. Schließlich ist er quasi der „Filmpapa“ und vertritt die Eltern vor Ort. Kommen die Darsteller zum Set, ist Stibbe immer der erste, der sie begrüßt. Er schaut, dass die Kinder rechtzeitig in die Maske und ins Kostüm kommen, hat den Drehplan immer im Blick. „Wenn ich etwas verschlafe, dann hängen wir vielleicht zehn Minuten“, sagt er und erklärt, dass jede Verzögerung Gift für den Drehablauf ist.
Stibbe ist schon fast von Anfang an dabei, zumindest, seitdem in Erfurt gedreht wird. Ganz früher hat er mal Möbel restauriert, aber davon kann man leider nicht leben. Und so arbeitete er viele Jahre als Jugendbetreuer bei der Stadt, wechselte 2008 zu Saxonia Media. „Am Ende haben mich die Kids damals auch gecastet, ich habe die Betreuung für eine Weile auf Probe übernommen. Es war also auch für mich eine spannende Zeit und am Ende war ich froh, als sie sich für mich entschieden haben“, sagt er.
Was ein Kinderbetreuer so macht? Ziemlich viel, wenn man es genau nimmt. Er geht mit ihnen den Text durch und nimmt sie auch mal in den Arm, dann, wenn es mal nicht so läuft. Bei allen Problemen, ob groß oder klein, ist Stibbe für die Darsteller da. Wenn es kalt ist, zaubert er aus dem Nichts eine dicke Jacke hervor. Bei Sonne achtet er darauf, dass sie keinen Sonnenbrand bekommen. Er klopft die Darsteller auf ihren Text ab, bevor es zum Schauspielcoach geht, versorgt sie mit Essen und Trinken. Er hilft bei den Hausaufgaben oder hört auch einfach mal nur zu. Denn alle haben neben Schloss Einstein noch ein anderes Leben und manchmal kommen die Freunde einfach zu kurz. An manchen Tagen sind es 22 Kinder, die er unter seinen Fittichen hat. Im Normalfall sind es 17 Darsteller. Das ist auch nicht gerade wenig.

Eine Herausforderung, denn er muss immer im Blick haben, wann wer gekommen ist und wann derjenige das Set spätestens verlassen muss. Wichtiges Arbeitsmittel für ihn: die Disposition, kurz Dispo. Darin ist der gesamte Drehablauf minutiös aufgeführt. Darin steht, wer wann von welchem Fahrer abgeholt wird, wann die Bilder gedreht werden, wann Maske und Kostüm oder das Schauspielcoaching anstehen, wann die Kinder wieder nach Hause gebracht werden.
Er ist es auch, der auf die Zeit pocht, wenn es mal eng wird. Denn die Kinder unter 16 Jahren dürfen nicht mehr als drei Stunden pro Tag drehen und nicht länger als fünf Stunden vor Ort sein. Das schreibt das Jugendschutzgesetz vor. Daran halten sich die Einsteiner streng. Und manchmal muss Stibbe auch konsequent sein, z. B. dann, wenn eine Szene immer noch nicht im Kasten ist und das Team gern weiterdrehen würde.

Während ich noch auf Stibbe warte, bewegt sich plötzlich der dicke Vorhang an der Tür. Jakob Menkens (spielt Henri Weismann) schlüpft rein, schaut mich etwas irritiert an und lässt sich dann auf der Couch nieder. Wenig später schneit auch Elena Hesse (spielt Petra Klein, die Schwester des bösen Remo Vage) herein. Die beiden waren gerade in der Maske und tragen schon ihr Kostüm. „Oh hallo“. Auch sie ist überrascht, lässt sich aber schnell auf ein Gespräch ein. Ja, ihren Stibbe lieben sie heiß und innig. „Ohne Stibbe? Das geht nicht!“ Da sind sich die beiden einig. Manchmal allerdings, erzählt mir Elena, übertreibt er es etwas mit der Fürsorge, gerade wenn es ums Essen geht. „So viel kann man gar nicht schaffen“, lacht sie.

Elena gehört zu den jüngsten Darstellern. Sie hat am Ende der vierten Klasse angefangen zu drehen. „Klar ist es anstrengend, aber das haben sie uns vorher gesagt. Und es macht auch total Spaß, auch wenn man eine große Szene hat“, sagt sie. Heute sind sie ganz entspannt. „Wir haben wenig Text, laufen nur mal kurz durchs Bild“, erzählen sie mir. Das ist auch gut so. Denn Jakob schreibt morgen noch Englisch und Geografie und hat dafür noch einiges zu lernen. Aber um nichts auf der Welt würde er auf die Dreharbeiten verzichten wollen.
Wer mehr über Schloss Einstein wissen möchte, sollte hier nachschauen.
Was ein Schauspielcoach bei SE macht, lest ihr hier.
Titelfoto: Steve Bauerschmidt
2 Gedanken zu „Superstibbi: Der wahre Star von Schloss Einstein“