Ein Blick nach Heilbronn zeigt, was BUGA kann. 2019 kommt die Bundesgartenschau in die Stadt in Baden-Württemberg und mischt sie tüchtig auf. Heilbronn hat bislang den Neckar, die Experimenta und das Käthchen von Heilbronn. Touristen strömen deshalb nicht unbedingt herbei, um den Fluss samt netter Kneipenmeile oder die findige Lern- und Erlebniswelt zu testen. Geschweige denn auf den Spuren einer Mädchengestalt von Heinrich von Kleist zu wandeln.

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Das Käthchen von Heilbronn

Obwohl letzteres gut möglich ist! Die erfinderischen Heilbronner haben eine Käthchen-Figur aufgestellt, ein Käthchenhaus gesucht und gefunden, und sie wählen alljährlich ein Mädchen aus ihrer Mitte zum Käthchen. Ein armes Ding – ursprünglich aus einem Ritterschauspiel – das im Original den geliebten Grafen schließlich heiraten darf, weil es in Wirklichkeit doch nicht so arm ist. All dies in einer Stadt, die stolz die Farben Rot-Weiß-Blau trägt. „Erst trinken wir Rotwein, dann Weißwein, und dann sind wir blau“, wie die Fremdenführerin Bettina Kruck-Hampo an der Heilbronner Inselspitze die Farben interpretiert.

 

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Galerie unter einer Brücke: Die Inselspitze

 

Aufbruch Heilbronn

Wir stehen mitten im Fluss auf der Spitze eines Inselchens. In der Galerie hinter uns, die unter der Friedrich-Ebert-Brücke liegt, wird zum „Aufbruch Heilbronn“ geblasen. Ein riesiges Stadtmodell darin zeigt, was Heilbronn blüht – und wie Heilbronn blüht. Obwohl Heilbronn keine Blume ist – wie die „Rhein-Neckar-Zeitung“ schreibt und weiter: „Geschunden im Krieg, autogerecht und am wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet wieder aufgebaut. Image? Naja.“ Dieses Heilbronn richtet 2019 die Bundesgartenschau aus – zwei Jahre vor der BUGA in Erfurt. Dafür erfindet sich die Stadt neu!

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Im Modell ist das neue Stadtquartier zwischen Neckar und Freizeitseen schon zu sehen.

Ein Blumen- und Blütenmeer ist derzeit noch nicht in Sicht, dafür eine bombastische Großbaustelle. Was einst eine unwirtliche Gewerbebrache hinter dem Hauptbahnhof war, wird zum neuen grünen Stadtviertel aufgerüstet. 3.500 Menschen sollen dort wohnen und auch arbeiten. Kräne, Bagger, Laster und gleich mehrere Rohbauten mächtiger Häuserkomplexe sind zu sehen. Anstelle zugeschütteter Hafenbecken sind zwei Seen neu angelegt und geflutet worden. 1.700 Pappeln hat man zur BUGA bereits gepflanzt. Sie werden in zwei Jahren sechs bis sieben Meter hoch sein und den Besuchern ordentlich Schatten spenden. Wie auch schnellrankender Wein.

 

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Suse Bucher-Pinell bei einer Baustellenführung

Suse Bucher-Pinell ist die Pressesprecherin der Heilbronner BUGA und weiß nahezu alles über das 40 Hektar große Gelände. Wann man welche Eidechsen umgesiedelt hat, wie die Kletterwand am BUGA-Hang aussehen wird oder was beim Ausgraben alles gefunden wurde – zum Beispiel ein rostiger Schiffsrumpf, 300 Tonnen Schrott und 13 Tonnen Kampfmittel.

 

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Die alten Hafenbecken wurden freigelegt und geflutet.

Mehr als eine Million Tulpen

144 Millionen Euro werden in Heilbronn investiert – in eine Bundesgartenschau, die es so noch nicht gegeben hat. „Überraschend anders“ lautet das Motto. Und das wird dann überraschend anders sein: Einerseits gibt es üppige Freiland- und Hallenschauen, wie sie Gartenschaufreunde kennen Andererseits geht es um das neue Stadtquartier Neckarbogen. Die ersten 22 Häuser – darunter auch ein zehngeschossiges in Holzbauweise – sind bis 2019 fertig und schon zu BUGA-Zeiten bewohnt. Bis auf die Erdgeschosse, die für Ausstellungen reserviert sind. Innovative Ausstellungen, die zeigen, was die Zukunft bringt – vom „Smart House“ mit Apps für alles bis zur Stromgewinnung aus Pflanzen und deren Photosynthese. Der erste 3-D-Drucker, der essbare Fruchtgummis ausspuckt, könnte auch dabei sein – wie das BUGA-Team am Abend bei der Veranstaltung „BUGA-Café“ in der Volkshochschule verrät.

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Hanspeter Faas (ganz vorn) beim BUGA-Café

„Wir stellen ein Stück Stadt aus“, sagt dort Hanspeter Faas, der Heilbronner BUGA-Chef, vor rund 40 Leuten. „Wir leben in einer Zeit voller Veränderungen. Die Digitalisierung ist ein großes Thema. Das bedeutet auch für eine Bundesgartenschau, dass sie weit mehr zeigen muss als eine Million Tulpen.“

 

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Die neue Karl-Nägele-Brücke

Eine Stadt im BUGA-Fieber

Am nächsten Tag eilt er zu einer wichtigen Pressekonferenz, die unter einer Brücke stattfindet. Zur BUGA 2019 ist die Karl-Nägele-Brücke vierspurig ausgebaut und übers Neckarufer verlängert worden. Jetzt ist alles fertig, und das wird mit einem Brückenfest gefeiert. Dafür rührt Hanspeter Faas die Werbetrommel.

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Ein 600 Meter langer Holzsteg entsteht direkt am Neckar.

Die Heilbronner BUGA-Macher feiern also schon zwei Jahre vor der Durchführung ihrer Schau. Sie haben allen Grund dazu, denn es läuft. Die Leute in der Stadt freuen sich und ziehen mit: Einer backt BUGA-Brot, ein anderer bietet BUGA-Pralinen an, auf dem Marktplatz vorm Rathaus läuft riesengroß der BUGA-Countdown. Noch sind es mehr als 600 Tage. Aber schon jetzt steht fest: Das wird etwas Besonderes! Das Käthchen von Heilbronn würde Bauklötze staunen!

 

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Hier wird die Hauptbühne zur BUGA 2019 stehen.