Den Strand 22, die Nebenbouler und die UniverSaale – sie alle findet man im Paradies. Das Paradies ist nicht im Himmel. Es erwartet einen in Jena, einem Außenstandort der BUGA Erfurt 2021. Mit solchen Standorten breitet sich die Bundesgartenschau überall in Thüringen aus – nicht nur in der Landeshauptstadt. Jena gehört dazu.

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Blick über das Saale-Wehr auf die „Keksrolle“ von Jena

Keiner weiß, warum das „Paradies“ so heißt. Schon in der ältesten Stadtchronik wird der langgezogene Park an der Saale so genannt. Auch warum „Jena“ überhaupt den Namen „Jena“ trägt, ist bis heute unklar. Aber das ist eine andere Geschichte. Bleiben wir im „Paradies“, das macht es leichter: Es ist eben einfach paradiesisch schön.

Unterwegs mit den Experten

Stadtarchitekt Dr. Matthias Lerm und Ortsteilbürgermeister Kristian Philler zeigen es gern her. Ja, am Rand fehlt noch ein wenig von der Schönheit. Rund um die Camsdorfer Brücke und auf der Landfeste, einer großen Wiese, herrscht Wildwuchs. Das Unkraut schießt in die Höhe, die Böschung versperrt den Blick auf die Saale, die Sträucher sind so gewachsen, wie sie wollten. „Hier gibt es noch einiges zu tun“, finden die beiden Herren und malen sich Sichtachsen, Strände und Liegewiesen aus. Auf dem Bahndamm hinter uns brettert ein Zug vorbei.

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Ortsteilbürgermeister Kristian Philler und Stadtarchitekt Dr. Matthias Lerm

2009 hat der Stadtrat Jena den „Rahmenplan Saale“ beschlossen, bis 2019 soll er erfüllt sein. 2015 kam zusätzlich Schwung in das Projekt – da wurde die Flusslandschaft Jena-Paradies zum Außenstandort der Bundesgartenschau 2021 gekürt, weil das Konzept die Jury überzeugte.

Es geht um den großen Fluss, den man an manchen Stellen gar nicht mehr sieht, und die Landschaft rechts und links davon. Sie werden „erlebbar“ gemacht. Denn sie waren nahezu verschwunden: Vor rund 100 Jahren hat man wegen der Überschwemmungsgefahr den Bahndamm meterhoch aufgeschüttet. Dadurch wurde die Saale samt Ufer regelrecht von der Stadt abgeschnitten.

Dicke nackte Frauen

Wer sie sehen will, muss unter dem Damm durch. Am besten geht das am Paradiesbahnhof. Dort ist auch das eigentliche Paradies. Eine weite Wiese, die in der Mitte leicht geneigt ist – ein optischer Trick, wie Dr. Lerm verrät – „für mehr Weite“. Dicke nackte Frauen, Kunstobjekte, sind geschickt platziert – und es ist genau ausgetüftelt, wo ein Strauch oder ein Baum gepflanzt wurde. Das Werk des Stadtarchitekten.

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Kunst im Paradies

„Das ist ein 3-D-Kunstwerk, ein lebendiges Gemälde, das man aber nicht nur anlegen, sondern auch pflegen muss“, schwärmt Dr. Matthias Lerm, als wir unter Fernwärme-Rohren stehen, die mit Goldfarbe angepinselt wurden. „Unser Golden Gate“, erklärt der Ortsteilbürgermeister.

Gegenüber liegt der „Strand 22“. „Damit hat alles angefangen. Damit ist dieses Gebiet belebt worden. Dadurch sind die Leute erstmals wieder hergekommen“, erinnert sich Kristian Philler. Direkt an der Saale kann man in der Strandbar essen, trinken oder einfach nur auf den Fluss schauen. Das hat sich schnell herumgesprochen.

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Mit dem „Strand 22“ hat alles angefangen.

Dr. Lerm radelt davon, Kristian Philler hat noch Zeit. Weiter geht es an der Saale entlang zur Rasenmühleninsel. Sie ist voll: Picknickdecken sind ausgebreitet, Grills rauchen, es wird Federball gespielt. Auf der weiten Wiese und unter den alten Bäumen am Rande tummeln sich Skater auf einem vollgesprayten Parcours. Angehende Jongleure schwingen ihre Keulen, daneben turnen Slackline-Akrobaten, auf einer Sandfläche üben Boule-Spieler. „Die nennen sich Nebenbouler“, freut sich Philler. Gleich neben ihrem Boule-Feld steht die UniverSaale, eine besondere Schule voller Reformpädagogik. Zu ihr gehört sogar ein Hotel – für besorgte Eltern – und das nächste nette Café, das „Salü“, welches Genuss am Fluss verspricht.

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Nette Einkehrmöglichkeit: das Café „Salü“

So wie in Jenas Saale-Aue soll es zur BUGA in vier Jahren auch in Erfurt an der Gera zugehen, in der nördlichen Geraaue und im Nordpark. Jung, modern und sportlich – Bundesgartenschau kann durchaus cool sein.

Alle treiben Sport!

Zurück nach Jena. Zwölf Kilometer lang ist der Weg an der Saale insgesamt. Er führt von Kunitz bis nach Göschwitz. Soweit schaffen wir es nicht. Am Großen Glashaus wechseln wir die Flussseite und laufen am Ernst-Abbe-Stadion wieder zurück zur Camsdorfer Brücke. Vorbei an unzähligen Sportanlagen, die alle rappelvoll sind: Rugby, Tischtennis, Beachvolleyball – es fehlt wirklich nichts! Jena hat einen Universitätssportverein, der alles spielt.

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Viele Wege führen durch die Oberaue.

„Das ist die Oberaue“, erläutert Kristian Philler und hat sich nach all den jungen Sportlerinnen und Sportler noch ein Schmankerl aufgehoben: den Froschkönigbrunnen, der ein wenig vergessen, dafür aber hoch romantisch vor sich hinplätschert. Wir verscheuchen ein Pärchen, das dort schmusen will, und ziehen rasch weiter.

Und dann hat uns die Stadt wieder! Nur ein kleiner Schlenker – und wir stehen am Saale-Wehr mit Blick auf die „Keksrolle“, wie man in Jena zum „Intershop-Tower“ sagt. „Unser Fotomotiv Nr. 1“, schmettert der stolze Ortsteilbürgermeister. Doch ich bin ehrlich: „Im Paradies hat’s mir besser gefallen.“

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Fernwärme mal anders: Das Golden Gate von Jena