„Erfurt leicht gemacht“ heißt ein neuer Stadtführer. Getreu dem Motto, dass es keine schweren Wege, sondern nur falsche Beschreibungen gibt, setzt das Kooperationsprojekt von CJD Erfurt und Universität Erfurt auf einfache Erklärungen, die Lust machen, die Stadt zu erkunden. Was das heißt, erklärt uns Marie Neubauer.
Es gibt keine schweren Wege, nur die falsche Beschreibung. Denn bestimmte Ziele können nicht nur durch Umwege schwer erreicht, sondern auch mit einer unverständlichen Beschreibung verfehlt werden. Zum Domplatz geht es nicht vorbei an einer Buchhandlung mit einem Abzweig zum Café Nerly, weiter vorbei am Turm der Allerheiligenkirche, an dem die Straße zur Engelsburg abzweigt, einem Bäcker linkerhand, einem Donut-Laden voller leckerem bunten Backwerk und dann liegt der Platz, der von Severi-Kirche und Dom St. Marien überragt wird, schon in Sichtweite. Nein! Will man vom Fischmarkt zum Dom, dann einfach der Marktstraße folgen. Das ist die wohl kürzeste und prägnanteste Wegbeschreibung.
Einigen Menschen fallen kompliziert verfasste Informationen schwer. Aufgrund von Lernschwierigkeiten können sie diese nicht so gut erfassen. Deswegen braucht es einfache Sätze und klare Beschreibungen – eben kein langes Gerede um den heißen Brei. Und um im Sinne der Barrierefreiheit diesen Menschen einen leichten Zugang zu Erfurt zu geben, erscheint jetzt der erste Stadtführer in Leichter Sprache.
Der Stadtführer „Erfurt leicht gemacht“ ist ein Kooperationsprojekt von dem Büro für Leichte Sprache des Christlichen Jugenddorfwerk Deutschlands in Erfurt (CJD Erfurt) und Universität Erfurt. Seit letztem Jahr haben Studierende interessante thematische Routen durch die Stadt erarbeitet, nach der barrierefreien Zugänglichkeit von Sehenswürdigkeiten und Wegen geschaut und die passende Bildauswahl getroffen. Daraus entstand im Büro für Leichte Sprache des CJD Erfurt ein 110 Seiten langer Stadtführer in A4-Format. Das passt zwar in keine Hosentasche, ermöglicht aber die einfache Lesbarkeit. Konvention der Leichten Sprache ist es, neben den einfach formulierten Sätzen, alle Informationen in gut lesbarer Schriftgröße 14 abzudrucken.

In dem Stadtführer erhalten alle Erfurt-Interessierten Infos zu Sehenswürdigkeiten von A-Z, bekommen drei thematische und barrierefreie Führungen (Handwerksroute, Familienroute und Kulturroute) detailliert beschrieben und stöbern durch eine Sammlung der schönsten und für jedes Wetter passenden Ausflugsziele. Zudem sind die für Stadtführer essentiellen Informationen zu Parkmöglichkeiten, barrierefreien Zugängen, öffentliche Toiletten und dem öffentlichen Nahverkehr enthalten. Das Angebot richtet sich an Menschen mit Lernschwierigkeiten, aber auch an ältere Menschen, Kinder, die noch nicht so gut lesen können oder Menschen, die die deutsche Sprache noch nicht sicher verstehen.
Zu kaufen gibt es den Stadtführer ab August für 8,90 Euro in den Buchhandlungen Peterknecht und Stapp, in der Tourist-Information Erfurt und im Büro für Leichte Sprache in der Großen Ackerhofsgasse 15. Das PDF-Dokument zum Stadtführer zur Ansicht gibt es hier.
Schachtelsätze adieu
Das Büro für Leichte Sprache des CJD Erfurt versteht sich als Experte für Übersetzungen und Textformulierung in Leichter Sprache, gibt Weiterbildungen rund um diese Thematik und gestaltet Webseiten barrierefrei – dabei werden die Seiten vorgelesen, Lesbarkeit und Verständlichkeit der Texte sind optimiert sowie Optik und Bedienbarkeit sind intuitiv gestaltet. Aufträge kommen dabei nicht nur von CJD-internen Sparten, sondern auch von externen Kunden wie Ministerien, Parteien und soziale Träger. Seit dem 1. September 2011 übersetzen die Mitarbeiter im Büro Broschüren, Internet-Texte, aber auch mal Verträge oder Gesetze. Danach sind die Prüfer an der Reihe. Sie sind Experten für Leichte Sprache und einfache Formulierungen. Einmal die Woche lesen sie die Texte gegen und merken an, wenn sie etwas nicht verstehen. Neben der Verständlichkeit ist auch wichtig, dass die Sätze im Text kurz sind und komplizierte lange Wörter weggelassen oder – sofern nicht verzichtbar – mit einem Bindestrich getrennt werden. Auch Anglizismen und Synonyme sollten wegbleiben. Sind die Prüfer mit dem Text zufrieden, kommt das Siegel „Leichte Sprache“ auf die Publikation. Das steht für Qualität der Inhalte und eine eingehende Überprüfung durch die Experten für Leichte Sprache.
Wer lesen möchte, was eine Prüferin für Leichte Sprache macht, erfährt hier mehr darüber.
Menschen mit Lernschwierigkeiten werden benachteiligt, wenn ihnen wichtige Informationen aufgrund schlechter Verständlichkeit vorenthalten bleiben. Dem möchten die Mitarbeiter im Büro für Leichte Sprache entgegentreten. Denn nur, wer über notwendige Informationen verfügt, kann eigenverantwortlich Entscheidungen treffen. Leichte Sprache soll dabei die Möglichkeit zur Chancengleichheit sein und den Weg ebnen zur Teilhabe an der Gesellschaft.
Mehr über das Büro für leichte Sprache gibt es hier.
Text und Fotos: Marie Neubauer