Maria Wischeropp und Janette Voisin betreiben momentan Wahllokalakquise. Was für ein Wort – und was für eine Mammutaufgabe für das Jugendrechtshaus Erfurt! 300.000 Kinder und Jugendliche in Thüringen sind am 15. September im Zuge der ‚U-18-Wahl‘ zur Stimmabgabe aufgerufen. Eine Woche vor der Bundestagswahl dürfen dabei alle jungen Menschen ohne Wahlberechtigung ihr Kreuz setzen – ein Probedurchgang, sozusagen.

Als zentrale Koordinierungsstelle ist dabei der gemeinnütze Verein aktiv, der von den Stadtwerken Erfurt zu diesem Zweck mit 1.000 Euro gefördert wird. Die Projektkosten sind damit zwar komplett gedeckt, die Mühe jedoch bleibt. Die beiden Frauen – Maria Wischeropp als Vorsitzende und Jeanette Voisin als nebenberufliche Vorstandsassistentin – sitzen mir trotzdem entspannt gegenüber: „Wir haben ein großes Team an Ehrenamtlichen hier“, lächelt Wischeropp. Praktikanten und Freiwillige, Ehemalige und Aktuelle aus dem Verein helfen zusammen, wenn es wieder darum geht, Menschen, die noch nicht an der Bundestagswahl teilnehmen können, einen Ausblick auf die Wahl zu geben.

„Das Meinungsbild war in den letzten Jahren auf Bundesebene sogar recht repräsentativ“, erinnert sich die 26-jährige. Dabei liegt gerade hier im Ergebnis wohl der gravierendste Unterschied zur ‚echten‘ Abgeordnetenwahl: Eine Auswertung und Meldung der abgegebenen Stimmen erfolge zwar zentral, auf das Wahlergebnis vom 24. September haben sie allerdings keinen Einfluss. Der Aufwand, der hinter dieser Stimmabgabe steht, ist trotzdem nicht vergebens: „Es geht in der U-18-Wahl darum, Hemmschwellen abzubauen. Wir wollen zeigen, dass es ein Privileg ist, wählen zu gehen.“, erklärt Maria Wischeropp. Die gebürtige Erfurterin erinnert sich deswegen auch an ihre erste Wahl: Ein bisschen verloren habe sie sich gefühlt, als sie zum ersten Mal selbst das Kreuz auf dem offiziellen Stimmzettel setzen durfte.

Dass das Jugendrechtshaus in Erfurt die landesweite Koordination übernimmt, war eigentlich nicht geplant. „Es ist uns gewissermaßen in den Schoß gefallen“, erinnert sich Janette Voisin. Der 25 Mitglieder starke Verein habe seine Räumlichkeiten erst selbst als Wahllokal zur Verfügung gestellt, bevor die Organisation schrittweise dazukam. So ist auch der eigentliche Schwerpunkt der Vereinsarbeit ein anderer:
Als Anlauf- und Vermittlungsstelle stehen die Türen des 2004 gegründeten Jugendrechtshauses allen jungen Menschen offen, die Erstberatungen in rechtlichen Fragen benötigen, sich über alle Themen rund um Recht im Alltag informieren möchten oder einfach ein offenes Ohr für ihre Probleme benötigen. Mit der U-18-Wahl kommt zu diesem Portfolio der Auftrag hinzu, Politik für Kinder und Jugendliche erlebbar zu machen – ein großartiges Projekt!

P.S.: Selbst zur Wahl gehen? Na klar! Eine Übersicht der U-18-Wahllokale findet man hier.
Text und Fotos: Benedikt Pototzky