Michael Stolze ist ein Mann der Tat. In Gummistiefeln steht er vor mir, in Gummistiefeln und einem blauen Arbeitsoverall. Angenehm, so merkt er an, sei ihm der Fototermin heute nicht. Ich lache. Wo gehobelt wird, da fielen nunmal Späne. Und von denen lägen hier, knapp vor dem Seezugang, eindeutig genug. Hinter dem Clubhaus, vor dem wir gerade auf Gartenmöbeln Platz genommen haben, erstreckt sich der Alperstedter See. Der 65,5 Hektar große „Lago di Alpi“, wie er liebevoll genannt wird, ist heute unter vorbeiziehenden Schäfchenwolken ein Stück Urlaub. Um Erholung wird es am Alperstedter See auch weiter gehen – denn momentan bekommen acht biwakgroße Holzhütten Schwimmunterricht.

„Wir waren auf der Suche nach Quartieren für unsere Sportveranstaltungen – und wir haben Partner im sozialen Bereich, die gerne Ferienlager anbieten würden“, sagt Michael Stolze. Der klassische Zeltplatz käme an seine Grenzen – oder würde auch schlicht mit den Sportflächen am See kollidieren. Relativ schnell fiel dann der Entschluss, sich ein ähnliches Projekt in Eberstedt bei Bad Sulza näher anzusehen. So war auch die Bauausführung bereits erprobt: „Es sind erfahrene Thüringer Firmen eingebunden – wir können das Know-How nutzen“, so der 55-jährige.

Momentan geht es vor Ort am Alperstedter See um die Verankerung der roten Holzhäuser. Die Schwimmfähigkeit wird durch mehrere große Aluminium-Schwimmkörper unter jeder Hütte gewährleistet – „aber es ist nicht wie mit einem Hausboot. Die Hütten bleiben vor Ort“, merkt Stolze an. Mittels eines 36 Meter langen Steges sind die Hütten im Betrieb mit dem Land verbunden – allerdings müssen zuerst lange Holzpfähle zum fixieren in den Boden eingebracht werden. Diese sorgen dafür, dass auch in der Mitte des rund sieben Meter tiefen Gewässers Ankerpunkte für Steg und Hütten existieren. Einen der Holzpfähle – einen groben, massiven Baumstamm, bearbeitet gerade ein Anklamer Seesportler mit der Kettensäge. Auch das Herzstück der Aktion, eine beeindruckende schwimmende Ramme, kommt von der Ostsee.

Thüringisch-Mecklenburgische Freundschaft? Stolze nickt: „In der ganzen Region und sogar bis nach Berlin haben wir keine schwimmende Ramme gefunden – aber unter Sportfreunden hilft man sich!“ Der Transport der Ramme, so der Vereinsvorsitzende des Club maritim, wäre im Vergleich zu allen anderen Optionen noch günstig – trotz mehr als 500 Kilometern Landweg. Ob man trotz der gewaltigen Verankerung seekrank werden kann, frage ich Stolze: „Ich sage Nein – aber ganz bewegungsfrei liegt die Hütte nicht. Ein bisschen Seefahrer-Feeling kommt auf, das macht aber auch den Reiz aus!“, sagt er. Deswegen seien die Materialien der jeweils über drei Tonnen schweren Hütten auch „seetauglich und relativ pflegearm“. Ob schon eine Hütte unterging? „Noch keine – wir wollten die Hütten schon ‚Unsinkbar 2‘ taufen!“, lacht Stolze.
Auch die Förderung der Stadtwerke Erfurt im Projekt 20×1000 hat den Alperstedter Verein entlastet. Auf die 309 Mitglieder kommt neben den Bauarbeiten im See selbst nämlich einige ebenso wichtige Umbauarbeiten an Land vor: „Stromleitungen müssen verlegt und die Beleuchtung eingerichtet werden“, sagt Stolze.

36 Betten Kapazität werden die schwimmenden Hütten bieten – Licht und Stromanschluss sowie sanitäre Anlagen im Clubhaus sind dabei natürlich Standard. Auch ein kleiner elektrischer Heizofen ist in jeder Hütte eingebaut. „Winterbetrieb können wir nicht anbieten – aber sollte es abends abkühlen friert natürlich niemand!“, erklärt Michael Stolze. Die Eröffnung ist allerdings schon für den Frühsommer geplant. Für rund 30 Euro pro Kopf und Nacht sollen die Hütten dann zu bekommen sein. Wer Interesse an einer Nacht auf dem Alperstedter See hat, sollte laut Stolze frühzeitig buchen: „Wir haben schon viele Anfragen – mit Buchungszusagen haben wir uns bisher aber zurückgehalten.“
Text und Fotos: Benedikt Pototzky