Auf der Wiese zwischen Aussichtsturm und Schauhäusern regiert das Chaos: Gelb leuchtend, in sich verschlungene Formen. Die Figur – scheinbar ohne Anfang und Ende – taucht die Wiese an der Wasserachse in sanftes Licht. Im Hellen erkennt man dann eine eher unromantische Gestaltung: ein Baugerüst, um das sich eine Dränageleitung wickelt. 450 m genau, gefüllt mit einem Lichtschlauch.
So funktioniert Lichtinstallation: Was im Abenddunkel Glanz, Mystik, Farbenspiele und Eleganz verbreitet, desillusioniert den Betrachter im Tageslicht. Lichtschläuche, Strahler in Baustellengröße, schwarze Boxen, die automatisch Videos oder Audiodateien abspielen, Leinwände….Das gesamte Equipment erwacht in der Dämmerung, dann wispern aus dem Audioplayer mystische Geschichten. Der Projektor schafft eine Fata Morgana – hunderte Augen scheinen dem Betrachter von der Gebäudewand zu folgen.
Wie entstehen die Ideen für eine Lichtinstallation in einem so großen Gelände? Gibt es Entwürfe auf dem Papier oder Modelle en miniature? Diese Fragen stelle ich beim Aufbau dem Lichtdesigner und Ideenlieferanten für dieses Veranstaltung – Wolfgang Flammersfeld. Der agile Künstler/Handwerker aus dem Ruhrgebiet lacht: „Ich gehe durch einen Baumarkt und dann sehe ich etwas, das mich inspiriert und probiere es aus.“ Wolfgang Flammersfeld hat inzwischen ein geübtes Auge, welche Materialien sich für seine Installationen eignen. Seit 10 Jahren schafft er leuchtende Fantasiewelten, mystische Geschichten und Farbenträume. Das Winterleuchten oder -lichter gibt es in Dortmund, Erfurt, Frankfurt und Mannheim, Herbstleuchten oder –lichter in Hamm und Jülich. In Königswinter bringt Wolfgang Flammersfeld das Schloss zum Leuchten, in Zülpich die Gärten, in Essen den Park und in Iserlohn, Rottleben, Sonnenbühl oder Hessisch Oldendorf fasziniert das Höhlenleuchten die Besucher. Der Terminkalender des Lichtdesigners ist gut gefüllt. Zum Aufbau an den jeweiligen Orten ist der 64-Jährige mit seinem Team unterwegs. Sechs Leute, jeder kennt seine Aufgabe. Das verkürzt die Aufbauzeiten und auch die Abende im Hotel, wenn die Truppe von August bis April auf Tour ist. In Erfurt war der gesamte Aufbau in drei Tagen erledigt, abends gab es dann im Hotel Fußball, dafür hatte Wolfgang Flammersfeld extra einen Beamer an Bord.
Bevor Flammersfeld das Lichtdesign für sich entdeckt hat, organisierte er als Eventmanager Veranstaltungen. Er ist Berufsmusiker, dieser Passion widmet er sich immer dann, wenn er zwischen den Aufbauarbeiten zu Hause ist. Dienstags nimmt er seine Bluesgitarre und trifft sich in Münster mit einem guten Freund, einem Profimusiker zu einer gemeinsamen Session. Dem Blues gehört die Leidenschaft des lebenslustigen 64-Jährigen, den man gut und gern 10 Jahre jünger schätzt. Von sich selbst sagt er: „Ich bin ein echter Ruhri.“ Die Herzlichkeit und das Ruhrplatt der Menschen sind sprichwörtlich, Currywurst und Pommes Rot-Weiß legendär. Das ist die Welt des sympathischen Lichtkünstlers.
Wie wird eine Lichtshow in der Größenordnung des Winterleuchtens im egapark vorbereitet? „Der Termin für das nächste Jahr steht bereits und wir denken schon jetzt darüber nach, was wir hier aufbauen“, erzählt Wolfgang Flammersfeld. Zum Aufbauort kommt das Team mit drei LKW voll Equipment. Mehrere Hundert Strahler und LED, ca. 6 km Kabel und zahlreiche Leuchtkörper und Lichtschläuche wurden von den sechs Mitarbeitern der Firma World of Lights im Parkgelände kunstvoll verbaut. Manches davon hat schon seine Bewerbungsprobe andernorts bestanden. „Wir können nicht ein Thema an einem Ort vollinhaltlich darstellen, wir müssen Leuchtobjekte auch in anderen Ausstellungen einsetzen. Wir haben aber einen großen Fundus. Die Schau wandert von Ort zu Ort. Was in Dortmund funktioniert, kommt auch in Erfurt gut an.“ Ein Beispiel dafür sind die überdimensionalen Leuchtbuchstaben, die entlang der Hallenstraße den Besucher vom Haupteingang zu den Pflanzenschauhäusern, dem räumlichen Beginn des Winterleuchtens, begleiten.
14 Buchstaben, wahllos auf der Wiese gruppiert, inspirieren zum Wörterraten: Wer findet die meisten Begriffe? In Dortmund lag der Rekord bei 99 Wörtern. Mystisch, freundlich schaurig, sinnlich – so sind die leuchtenden Bilder, die Flammersfeld in das Abenddunkel malt. Und hintersinnig humorvoll, so wie die Piranhas im Gräsergarten und die Wand der Augen, die man nicht mehr aus dem Gedächtnis verliert. Manches entdeckt man erst beim zweiten oder dritten Bummel durch die Lichterwelt. „So soll es sein, Wiederholungstäter sind unbedingt erwünscht“, bestätigt Wolfgang Flammersfeld zum Abschied.
Öffnungszeiten
Winterleuchten vom 26.11.2016 bis zum 29.01.2017 im egapark
Sonntag bis Donnerstag: 17 bis 20 Uhr
Freitag und Samstag: 17 bis 22 Uhr.
Eintrittspreise
Erwachsene: 5,00 €
Ermäßigt: 2,00 €
(Kinder 7–16 Jahre, Schwerbeschädigte mit Eintrag B, BI oder H)
Fotos: Yvonne Fischer/Christian Fischer
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