Das Herz der Energieerzeugung schlug seit 1901 in Gispersleben-Kiliani. Aus der Postmühle wurde ein Elektrizitätswerk, das Wechselstrom für die umliegenden Gemeinden produzierte. 1909 kostete die Kilowattstunde 45 Pfennige – trotz des hohen Preises wuchs die installierte Erzeugerleistung in kurzer Zeit. Die Kraftwerk Thüringen Aktiengesellschaft entstand 1915. In den folgenden Jahrzehnten wurde der vorhandene Anlagenpark ständig erneuert und erweitert. Ab den 1960-er Jahren dienten Briketts als Brennstoff und zur Energieerzeugung. Die Wirtschaft benötigte mehr Energie und neue Erzeugungskapazitäten entstanden, die dem damals modernsten Stand der Technik entsprachen, so z. B. auch das Gasturbinenkraftwerk in Gispersleben-Viti. Das Heizkraftwerk im Ortsteil Kiliani verlor an Bedeutung und wurde nur noch auf Verschleiß gefahren.
In den 1980-er Jahren stiegen die Heizölpreise drastisch, die Ölkrisen und das Wohnungsbauprogramm der damaligen DDR forderten ihren Tribut. Fernwärme hatte sich großflächig in Erfurt für die Beheizung und die Warmwassererzeugung der neuen Wohnungen durchgesetzt. Das Heizkraftwerk bekam eine neue Aufgabe: die Wärmeversorgung für die im Erfurter Norden entstehenden Neubauten.
Diese Aufgabe erfüllte es bis 1989. In den letzten Jahren funktionierte dies durch die veraltete Anlagentechnik und die schlechte Brennstoffqualität nur noch auf Kosten der Umwelt. Das hatte deutliche Nachteile für die Lebensqualität im mittelbaren Umfeld der Erzeugungsanlage.
Zwischen 1980 – 2000 überstand das Heizkraftwerk zwei Hochwasser und einen Großbrand. Die Mitarbeiter werteten den Wiederaufbau immer positiv, zumindest in Teilbereichen kam dadurch neue Technik ins Haus.
Die gesellschaftliche Wende brachte auch für die Energieerzeugung gravierende Veränderungen mit sich. Der Schutz der Umwelt und der natürlichen Ressourcen erhielt einen deutlich höheren Stellenwert. Mit dem Ende der Energieerzeugung erhielt das ehemalige Kraftwerksgebäude ab 1990 eine neue Funktion. Räume und technische Einrichtungen wurden bis 2001 für die Lehrlingsausbildung der Energieversorgungsbranche genutzt.
15 Jahre stand das Gebäude leer. Der Bereich entlang der Gera und damit auch das Gelände des HKW Gispersleben waren seit 1980 von zwei Hochwassern betroffen und wurden im Flächennutzungsplan für die Stadt Erfurt zum Überflutungsgebiet erklärt. Eine Bebauung war für dieses Gebiet nicht möglich und eine neue Nutzung zu durchdenken.Einen neuen Entwicklungsschub verliehen die Planungen für die Bundesgartenschau 2021 in Erfurt dem Gebiet im Kilianipark. Die weitere Ausgestaltung der Nördlichen Gera-Aue vom Nordpark bis zum Kilianipark ist ein wichtiger Baustein der BUGA-Planungen. Für die BUGA Flächen im Norden hat die Landeshauptstadt Erfurt zur Entwicklung des so genannten grünen Gerabandes einen offenen, zweiphasigen Realisierungswettbewerb ausgelobt. Bestehende Anlagen wie der Nordpark oder die Nördliche Geraaue werden behutsam saniert und durch neue Elemente ergänzt, neue Wegebeziehungen geschaffen und Freiräume miteinander verbunden. Das Gelände des ehemaligen Heizkraftwerkes ist in diese Veränderungen einbezogen. Die Vorschläge diskutierten BUGA-Verantwortliche und die Planer zum 5. BUGA-Dialog öffentlich mit den Bürgern. Am Jahresende 2015 begann der Rückbau der mittlerweile maroden und eine Gefährdung darstellenden Bausubstanz des alten HKW Gispersleben. Die Nachbarflächen der ehemaligen GPG „Georg Boock“ wurden ebenfalls beräumt. Nach dem Abschluss aller Arbeiten im Juli 2016 können dann die entschiedenen Gestaltungskonzepte umgesetzt werden.
Im Anschluss daran wird bis 2017 die Gera umverlegt und eine Fluss-Schleife, ein Mäanderbogen, angelegt. Den Besuchern wird damit der Fluss wieder zugänglich gemacht und ein Erleben des Wassers ermöglicht, die Bebauung des Geländes und die Uferanlage verhinderten das bisher.
Dies wertet die schönen Parkanlagen in Gispersleben-Kiliani weiter auf. Der Ortsteil mit seinen Bürgern und Besuchern, die Gastronomie, die Geschäfte und die Gewerbetreibenden werden davon langfristig profitieren.
Mehr erfahren: Aus der Luft betrachtet – das HKW vor dem Abriss.